: Warum Bremer nicht in Bremen bauen
■ Ergebnis einer Gewos-Befragung: Ein „grünes Bremen“ könnte Bremer an die Stadt binden
Bremen braucht, soll die Sanierung der Finanzen gelingen, bis zum Jahre 2007 gut 50.000 neue Einwohner, denn jeder Einwohner erhöht die Steuer-Zuweisungen nach dem Bund-Länder-Finanzausgleich erheblich. Das hat eine Studie des Finanzressorts vor einem Jahr ergeben. Die Folgerungen lauteten: Wesentlich mehr Grünflächen als bisher müssen für Wohngebiete, Betriebe und für Verkehrswege ausgewiesen werden. Die Frage, wie denn diese zusätzlichen Bewohner angelockt werden sollen, beantwortete die Planskizze aus dem Finanzressort jedoch nicht.
Die Schlußfolgerungen könnten Bremer eher davon abhalten, weiter in der Stadt zu wohnen. Je weniger „grün“ sich Bremen präsentiert, desto mehr zieht es ins Umland, hat eine Studie des Hamburger „Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnungsforschung“ (Gewos) im Auftrage des Bremer Bausenators bestätigt. „Das grüne Bremen“, so schlagen die Wissenschaftler vor, wäre eine gute Marketing-Parole, um abwanderungswillige Bremer zu erreichen.
Gewos sollte die Untersuchung durchführen, um „Aussagen über die sozio-ökonomische Struktur und die Motivlage der Abwanderer zu erhalten und darüber die Möglichkeit für die Stadt auszuloten, mit gezielten Marketing-Maßnahmen dem Abwanderungstrend entgegenzuwirken“. Das Ergebnis von 481 ausgewerteten Fragebogen – 3.000 waren verschickt worden – liegt nun vor. Danach haben die Hälfte derer, die ins Umland gezogen sind, auch in Bremen „gesucht“, waren also nicht wild entschlossen, den Stadtgrenzen zu entfliehen. Die meisten haben sich auch in durchaus „urbanen“ Umland-Gemeinden niedergelassen, also nicht wirklich auf dem Lande, sondern in kleinstädtischen Zentren wie Stuhr, Syke, Weyhe oder Orten auf der nordöstlichen Seite Bremens wie Ritterhude. Befragt nach ihren Motiven gaben viele an, der geringere Kaufpreis habe eine wichtige Rolle gespielt.
Der andere Grund, warum die „Abwanderer“ Zeit und Geld für die tägliche Fahrt zur Arbeit aufwenden, liegt im Wohnumfeld begründet: „Belastung durch Lärm und Abgase“ ist ein häufig angegebener Grund, warum die Wohnlage gewechselt werden sollte, „hohe Zufriedenheit mit dem Erholungswert“ finden die Abwanderer in ihrem neuen Wohnumfeld. Das Klischee, daß nur die Häusle-Bauer abwandern, stimmt nach dieser Auswertung nicht: Die Hälfte derer, die es ins Umland in ein Eigenheim zieht, haben dort eine Gebraucht-Immobilie gekauft. Und die knappe Mehrzahl der Abwanderer zieht gar nicht in eigene vier Wände, sondern wohnt auch im Umland zur Miete.
Während vor allem Paare zwischen 30 und 40 Jahren und Familien mit Kindern abwandern, liegt der demografische Schwerpunkt bei den Zuwanderern bei den 18-29jährigen, die die Nähe zur Großstadt und zum Ausbildungsplatz suchen und dafür auch höhere Mieten in Kauf nehmen. Aber das Verhältnis ist, wie auch in anderen Großstädten, eher 2:1 – 9.000 wanderten im Jahre 1993 ins Umland ab, nur 4.700 aus dem Umland in die Stadt ein.
Diese Zahlen zeigen zudem, daß Programme wie „Bremer bauen in Bremen“, die 200 Familien, die in Bremen bauen, einen Zuschuß von 10.000 Mark bringen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Ob dieser Zuschuß bei durchschnittlichen Kosten von 300.000 bis 400.000 Mark wirklich jemanden dazu bewegen, seine Entscheidung für einen möglicherweise lebenslangen Wohnsitz zu korrigieren, darf man zudem bezweifeln. Untersuchungen des Bremer Hochschullehrers Prof. Bahrenberg und eine Diplomarbeit seines Studenten Michael Neutze haben schon vor dem Gewos-Gutachten die Bremer Situation mit der in Hannover verglichen und sind zu dem Schluß gekommen, daß die Kurve der Umland-Abwanderungen seit 17 Jahren einigermaßen unbeeindruckt von kommunalen Wohnungsbau-Bemühungen konstant ist und viel stärker von Konjunktur-Schwankungen abhängt als vom Handeln des Bauressorts. Bei der Zahl derer, die in Bremen zuziehen, fielen rein quantitativ zudem in den letzten Jahren die Zuwanderer von weit her eine größere Rolle: Aussiedler, Asylbewerber.
Kein Wunder, daß dem Bausenator im Resultat seiner Studie nichts einfällt, was mit der Zielsetzung des Finanzressorts in Verbindung zu bringen wäre: Er lobt seine alte Förderung für 200 Eigenheime „Bremer bauen in Bremen“, die allerdings auch Nicht-Bremern zugute kommt, die in Bremen bauen wollen. Er verweist auf das alte „Baulückenprogramm“ und will die „Lebensqualität in der Stadt Bremen verbessern“. Viel entscheidender, darauf hatten die Gewos-Gutachter hingewiesen, ist für den möglichen Zuzug von Menschen in eine Region aber die Frage, ob sie dort Aussicht auf einen Arbeitsplatz haben. K.W.
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