: Warnung vor Israels Bankrott
■ Bürgermeister Tel Avivs fordert Abzug aus besetzten Gebieten / Gummigeschosse verfehlen UNO–Emmissär / Hunger in den Lagern geht weiter / Gericht verbietet Ausweisungen
Jerusalem (afp/dpa) - Für einen erregten Schlagabtausch in der israelischen Regierungskoalition sorgten am Wochenende die Äußerungen des Bürgermeisters von Tel Aviv, General Shlomo Lahat, der einen bedingungslosen Rückzug der Armee aus allen von Israel besetzten Gebieten mit Ausnahme Jerusalems gefordert hatte. Das Mitglied des nationalistischen Likud–Blocks meinte, die besetzten Gebiete seien eine Bürde für Israel, von der sich der jüdische Staat befreien müsse. Die Jugendorganiation des Cherut, der Kernpartei des Likud Blocks, forderte den Ausschluß Lahads aus der Partei. Der oberste Gerichtshof in Jerusalem hat mit einer einstweiligen Verfügung gestern die Ausweisung von vier Palästinensern verboten, „bis ihr Anliegen ge klärt“ sei. Israels Außenminister Peres (Arbeiterpartei) äußerte die Ansicht, aufgrund der seit fast sechs Wochen anhaltenden Zusammenstöße sei Israel heute in der Welt so stark isoliert wie noch nie zuvor. Der Minister erklärte: „Ich muß der Öffentlichkeit und meinen Kollegen die Wahrheit sagen - alle Theorien vom Status quo sind bankrott.“ Am Samstag wurde die Ausgangssperre über 15 palästinensische Flüchtlingslager erneut verlängert. Die Serie der Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Armee riß nicht ab. Für Aufregung sorgte ein Zwischenfall im Lager Balata, in den auch der UNO–Sondergesandte Gouldings verwickelt wurde. Gouldings hatte das unter Ausgehverbot stehende Flüchtlingscamp am Samstag besichtigt, wobei er von rund 30 palästinensischen Bewohnern begleitet wurde. Als die Gruppe eine israelische Armeepatrouille passierte, kam es zu einer Auseinandersetzung. Als die ersten Steine flogen, reagierten die Soldaten mit Tränengas und Gummigeschossen. Gouldings blieb unverletzt. Unterdessen verschlechterte sich die Versorgungslage in den Flüchtlingscamps des Gaza–Streifens weiter, in denen mehrere hunderttausend Menschen seit Tagen von der Außenwelt abgeschnitten sind. „Es fehlt langsam aber sicher ernsthaft an Lebensmitteln in den Lagern“, erklärte die Direktorin des UNO–Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), Angela Williams.
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