piwik no script img

War Hamburgs AfD-Parteitag illegal?Bei der AfD darf jeder mal ran

Der Parteitag vom Juni wird angefochten, weil Nichtstimmberechtigte abgestimmt haben sollen. Parteichef spricht von Büroversagen, hält die Beschlüsse aber für rechtmäßig.

Der Parteitag Mitte Juni fand – ohne Journalisten – im stillen Kämmerlein statt: So sah es im November 2017, als Hamburger Delegierte über einen Antrag abstimmten Foto: dpa

Hamburg taz | Mehrere AfD-Mitglieder haben die Ergebnisse des Landesparteitags am 16. und 17. Juni am Donnerstag angefochten. Ihr Verdacht: Mindestens zwei Menschen, die nicht stimmberechtigte Parteimitglieder seien, hätten an den Abstimmungen teilgenommen. Nun muss sich das Landesschiedsgericht der Partei mit dieser Anfechtung beschäftigen. In der Konsequenz könnten die Abstimmungen für ungültig erklärt werden, der Parteitag müsste erneut einberufen werden.

Bei dem Vorgang habe es sich wohl lediglich „um ein Büroversagen“ gehandelt, sagt Dirk Nockemann, von Haus aus Verwaltungsjurist und 2003/2004 für fünf Monate Nachfolger des „gnadenlosen“ Richters Ronald Schill als Innensenator der Schill-Partei. Eine Liste der stimmberechtigten Hamburger AfD-Mitglieder habe beim Parteitag ausgelegen, erläutert er das Geschehen. Der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Joachim Körner habe, das sei unstrittig, die Namen eines Mannes und einer Frau handschriftlich hinzugefügt.

Mindestens einer von ihnen habe dann an mindestens einer Abstimmung auch teilgenommen – rein formalrechtlich führt das zur Ungültigkeit des Vorgangs. Aber offenbar nicht so bei der AfD. Nockemann spielt die Angelegenheit runter: „Das waren doch nur Kleinigkeiten“, beteuert der Landesvorsitzende von Hamburgs AfD. Wirklich interessant sei es doch gar nicht zugegangen auf dem Landesparteitag. Doch es kann sein, dass der Konvent nun wiederholt werden muss.

Die Beschlüsse zur Änderung der Parteisatzung seien „etwa mit Zweidrittel-Mehrheit gefasst worden“, erinnert sich Nockemann, da seien eine oder zwei Stimmen „nicht entscheidungsrelevant“ gewesen: „Die Satzung ist rechtmäßig zustande gekommen.“

Die Abstimmungen über die Wahl von Hamburger Delegierten zum AfD-Europaparteitag sei vorsichtshalber am Sonntag wiederholt worden. Das habe der Landesvorstand am Samstagabend beschlossen, nachdem ihm die handschriftlichen Ergänzungen bekannt geworden seien. Damit sei eigentlich alles wieder in Ordnung, findet Nockemann, „ohne dem Landesschiedsgericht vorgreifen zu wollen“.

Körners Eigenmächtigkeit sei wohl dadurch zu erklären, vermutet Nockemann, dass die Mitgliedschaft der beiden fraglichen Personen von niemandem bezweifelt wurde. „Der Herr“ sei „seit Jahren vom Ansehen bekannt“, bei „der Dame“ habe der Landesvorstand ihren Eintritt befürwortet, nur sei der „möglicherweise noch nicht aktenkundig“ gewesen. Deshalb sei der Vorstand zu dem Schluss gekommen, „die parteiinterne Datenverwaltung zu hinterfragen“, so Nockemann.

Hinterfragen kann die AfD gleich auch noch ihre Öffentlichkeitsarbeit. Der Parteitag Mitte Juni hatte im stillen Kämmerlein stattgefunden, die Medien waren über den Termin nicht informiert worden. Das hatte hinterher unter anderem zu einer harschen Reaktion des Vorstands der Landespressekonferenz (LPK), der Interessenvertretung der Rathausjournalisten geführt, der den Grundsatz „der freien Berichterstattung und der Pressefreiheit“ auch von der AfD einforderte.

Der Parteitag der Hamburger AfD Mitte Juni hatte im stillen Kämmerlein stattgefunden, die Medien waren über den Termin nicht informiert worden

Wie aber erst jetzt bekannt wurde, hatte zu Beginn des Parteitags eine Mehrheit der Anwesenden dafür gestimmt, die Medien zuzulassen. Allerdings wartete logischerweise kein Journalist vor der Tür auf Einlass. Nockemann bestätigte diesen Vorgang jetzt gegenüber der taz. Und räumte ein: „Dem einen oder anderen mag das schon schräg vorkommen.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!