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Walesa neigt zum Dialog mit Regierung

■ Persönlich würde der Arbeiterführer das Gespräch mit der Regierung führen / Solidarnosc-Votum fehlt

Danzig (ap/dpa) - Der polnische Arbeiterführer Lech Walesa ist grundsätzlich zum Dialog mit der Warschauer Regierung bereit, obwohl ihm der Vorschlag der Partei für eine Wiederzulassung der verbotenen Gewerkschaft „Solidarität“ nicht weit genug geht. Nach einer Zusammenkunft mit seinen Kollegen auf der Danziger Leninwerft sagte Walesa gestern, wenn die Landesexekutiv-Kommission der „Solidarnosc“ damit einverstanden sei, werde er den Dialog mit der Regierung aufnehmen. Eine Tagung der Kommission werde am Wochenende stattfinden, bald danach werde die offizielle Haltung der „Solidarität„-Führung bekanntgegeben.

„Angesichts aller Nöte und Notwendigkeiten werde ich meinerseits versuchen, alles zu tun, um sobald wie möglich Gespräche über Polen am runden Tisch zu beginnen“, sagte Walesa. Dies sei allerdings nur seine persönliche Ansicht. Er werde deshalb Konsultationen mit der „Solidarität„ -Führung aufnehmen. „Ich möchte alle Chancen für eine Übereinkunft um Polens willen nutzen, weil wir sie so dringend brauchen. Die Zeit drängt uns“, erklärte der Arbeiterführer.

Walesa reagierte damit auf das Positionspapier der kommunistischen Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) zum Gewerkschaftspluralismus.

Dieses Positionspapier war von Staats- und Parteichef General Wojciech Jaruzelski und Ministerpräsident Mieczyslaw Rakowski auf einer dramatischen ZK-Sitzung mit Rücktrittsdrohungen gegen den Widerstand orthodoxer Kräfte durchgesetzt worden. Es stellt eine Wiederzulassung der „Solidarität“ in Aussicht, nennt dafür aber keinen Zeitrahmen.

Der Beschluß des Zentralkomitees der PVAP zur Wiedereinführung des Gewerkschaftspluralismus hat an der Parteibasis und in den offiziellen Gewerkschaften für Verwirrung gesorgt. Wie gestern in Warschau zu hören war, haben bereits einige Mitglieder der offiziellen Gewerkschaften (OPZZ) ihre Mitgliedsbücher zurückgegeben.

In Elblag, einer Kleinstadt bei Danzig, wird der öffentliche Verkehr seit Freitag morgen durch einen Streik gelähmt.

Die Fahrer der städtischen Busse und Straßenbahnen fordern neben Lohnerhöhungen auch die Wiederzulassung der verbotenen Gewerkschaft Solidarnosc. Die Leitung der Verkehrsbetriebe soll die Forderung der Streikenden zurückgewiesen haben und wollte auf keinen Fall verhandeln.

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