: „Wahnsinn. Wie ein Orgasmus“
Fredi Bobic muss nicht zum Arbeitsamt und darf auf seine alten Tage noch mal ran. Von Hannover wechselte er nach Berlin und stürmt ab kommenden Samstag für Hertha BSC. Vorab freut sich der 31-Jährige schon mal auf knallharte Gespräche
Fredi Bobic (31) wechselte vor der Saison von Hannover 96 zu Hertha BSC, wo er künftig ganz viele Tore schießen möchte. Am Samstag beginnt für die Berliner mit dem Spiel gegen Werder Bremen die Saison. Bobic wird dann mit Artur Wichniarek, der von Arminia Bielefeld kam, im Sturm stehen. Wie es Fredi Bobic so ergeht, teilt er dem geneigten Leser in Kolumnen auf seiner Internetseite fredibobic.de mit. Die taz hat sich erlaubt, daraus Originalzitate für ein Interview zu entnehmen, das nie stattgefunden hat – aber haben könnte.
taz: Hallo, Fredi Bobic!
Fredi Bobic: Hallo, taz!!!
So gut gelaunt?
Es ist das Größte. Wie ein Stromschlag.
Wovon reden Sie?
Vom Tor. Das Tor zu machen ist ein unglaublich geiles Gefühl. Das ist wie ein Orgasmus. Deshalb will ich auch immer vorn spielen.
Das dürfen Sie ja nun im Trikot von Hertha BSC.
Berlin. Hauptstadt. Internationaler Fußball. Ich freue mich.
Sie schwärmen ja geradezu.
Glauben Sie, ich habe Angst, weil es in Berlin acht Tageszeitungen gibt? Nein, sage ich. Und wieder einmal muss ich mich selbst zwicken: Wer hätte das im vorigen Sommer gedacht. Wahrscheinlicher erschien es doch manch einem Fußballfan, dass ich zum Arbeitsamt gehen würde.
Hannover bewahrte Sie vor diesem Schicksal, was haben Sie jetzt in Berlin vor?
Ich werde sofort sagen, wenn mir etwas nicht passt. Und notfalls auch knallharte Gespräche führen.
Das wird Trainer Huub Stevens bestimmt gefallen.
Ich hatte ja schon eine ganze Reihe von Übungsleitern, ein holländischer aber war noch nie dabei.
Und was heißt das?
Die niederländische Fußball-Denke ist bekannt dafür, dass darin lange, intensive Trainingseinheiten, viele Ballübungen, viel taktisches Schulen enthalten sind. Wahnsinn, einfach Wahnsinn!
Wie kommen Sie mit den neuen Kollegen zurecht?
Wir fischten im Bergsee, grillten, fuhren mit der Seilbahn zur Berghütte „Golmerhaus“, dann Planschbecken und Ponyreiten für die Kinder. Eine Radtour. Gerade diese Einheiten konnte ich nutzen, um festzustellen, dass ich in eine wirklich gute, interessante Truppe hineingekommen bin.
Wirklich?
Ja, die Truppe präsentiert sich als eine auch für einen Routinier wie mich selten erlebte Einheit.
Und was ist mit Zimmergenosse Niko Kovac, der Ihnen im Trainingslager schnarchend den Nerv raubte?
Giovane Elber hat mir zu gemeinsamen VfB-Zeiten auch oft genug den Schlaf geraubt. Da greifen unerklärliche Gesetzmäßigkeiten des Fußballs.
Es wird eng im Sturm, die Kollegen Luizao und Nando Rafael haben ein Auge auf Ihren Stammplatz geworfen.
Ach was, das Spiel ist das Ergebnis einer großartigen Mannschaftsleistung, basierend auf einer gruppendynamischen Einheit. Außerdem: Das Leben eines Profisportlers ist schon ein besonderes. Vielen Vorteilen, die man genießen kann, stehen aber auch ein paar wenige Nachteile gegenüber.
Die wären?
Nein, sage ich. Peinliche Auftritte werde ich mir nicht leisten.
Wir müssen noch auf einen Skandal zu sprechen kommen!
Das ist mir ein Bedürfnis!
Der Deutsche Fußball-Bund hat …
… genau, bis jetzt habe ich meine Autogrammkarten nicht vom DFB bekommen. Und was sehe ich?
Was sehen Sie?
In www.ebay.de kann man sie schon ersteigern und anschauen. Komisch!
Äußerst komisch, wie lässt sich das in Zukunft verhindern?
Ich weiß nicht, ich habe ein mulmiges Gefühl. Wir müssen die Konzentration auf das Wesentliche deutlich erhöhen. Ich habe ja schon einiges erlebt in meiner Karriere, den Gewinn des EM-Titels in Wembley, Europapokal-Finale, Pokalsieg, Abschied in Stuttgart und Hannover – aber hier wurde der Kloß in meinem Hals immer dicker.
Es heißt, sie konnten die Schwellung mit dem Film „8 Mile“ erfolgreich bekämpfen?
Ja, mit einer Mischung aus Realdrama und teilweise humorvollen Kommentaren ist er einfach super getroffen. Der Film ist zwar nicht autobiografisch, aber die Grundlage des Films basiert auf Eminens Leben.
Könnten Sie sich vorstellen, ins Filmgeschäft zu wechseln?
Nein, sage ich. Das ist im Übrigen eine Charakterfrage.
ZUSAMMENSTELLUNG: MARKUS VÖLKER