Wahlplakate aus Pappe und Plastik: Erst Werbung, dann Müll
Tausende Wahlplakate prägen derzeit das Straßenbild Hamburgs. Eine Petition macht auf den dadurch entstehenden Müll aufmerksam und fordert ein Verbot.
Meschenmoser ist selbst für die Grünen im Wahlkampf tätig. Als Freiwilliger hilft er der Partei beim Plakatieren. Obwohl Holzschilder logistisch schwieriger zu handhaben seien, wünscht er sich, dass die Parteien diese benutzen und auf die Masse an Papp- und Plastikplakaten verzichten. „Es gibt immer wieder Vorstöße, dass die Parteien sich beschränken. Wenn jede Partei nur zweitausend Plakate stellen dürfte, könnte man das problemlos mit Holzaufstellern machen.“ Außerdem weiß er, dass es Kandidaten gibt, die Garagen voll mit Holzschildern haben, aber nicht nutzen und stattdessen zum Pappplakat greifen.
„Wir setzen Holzplakatständer noch ein, verwenden aber aus Kostengründen und logistischen Anforderungen zunehmend bedruckte Plastikplakate“, sagt Martin Wittmaack, Landesgeschäftsführer der Linken. Diese Plakate bestehen zu 50 Prozent aus wiederverwendeten Materialien und können nach der Benutzung wieder ins Recycling gegeben werden.
Die Grünen benutzen ebenso wie die SPD einen Hersteller für ihre Plakate, der zu 90 Prozent wiederverwertete Ressourcen nutzt. „Wir haben uns intensiv mit der Ökobilanz der verschiedenen Werbeträger beschäftigt und sind daher ganz bewusst bei Plakaten aus Altpapier gelandet, die über das Altpapier entsorgt werden“, sagt Silke Lipphardt, Pressesprecherin der Grünen. Ob die Plakate nach intensivem Regen jedoch wirklich wiederverwendet werden, bezweifelt Meschenmoser: „Wenn die auf dem Boden lagen und versifft sind, glaube ich kaum, dass daraus noch Altpapier gemacht wird.“
Für die Parteien sind Plakate ein unerlässliches Mittel im Wahlkampf. „Das Plakat hat seine Rolle behauptet. Plakate sind das in der Öffentlichkeit und von den Medien am stärksten beachtete Werbemittel“, sagt Alexander Fröhlich von Elmbach, Geschäftsführer der Hamburger FDP. „Plakate sind nicht wahlentscheidend, aber sie erzeugen ein gewisses Grundrauschen in der Stadt“, sagt auch Lipphardt. „Durch die Köpfe im Straßenbild bekommen viele Menschen überhaupt erst mit, dass Wahlen anstehen.“
Die Grünen haben für ihren Wahlkampf 9.900 Pappplakate bestellt. Der Landesverband der FDP nutzt 4.000 Plakate, die Bezirksverbände und die einzelnen Kandidaten nicht eingerechnet. Die Linken haben circa 6.000 Plakate für das Rennen um die Bürgerschaftssitze aufgehängt, davon etwa 1.000 auf wiederverwendbaren Holzaufstellern. Die CDU verwendet 300 Großplakate, weiß aber nicht genau, wie viele kleinere Plakate in den Bezirken und durch die Kandidaten im Umlauf sind. Auch die SPD kann keine Angabe machen, wie viele Plakate sie hat.
„Für das Ansinnen der Petition haben wir Verständnis, dennoch ist es bei der Vielzahl von Kandidierenden nicht möglich, die Plakatierung ausschließlich mit klassischen Stellschildern zu stemmen“, meint SPD-Landesgeschäftsführer Lars Balcke. Ähnliches sagt auch die CDU, die aus Logistik- und Kostengründen Einmalplakate verwendet.
„Pappplakate werden leichter kaputt gemacht als auf Holz geleimte Plakate“, meint dazu Meschenmoser. Er fordert eine Änderung der Fachanweisung für politische Werbung. Eine Beschränkung der zulässigen Materialien wäre dort möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs