Wahlkampf in NRW: Mit Pfeffer gegen SPD und Grüne
Die Linkspartei möchte in Nordrhein-Westfalen nach dem 9. Mai gerne mitregieren. Doch die Parteibasis klebt Plakate gegen die SPD und gegen die Grünen.
KÖLN taz |Vor dem Jahrhunderthaus der IG Metall in Bochum wehen rote Fahnen. Sie lassen schon von weitem erkennen, wer sich hier versammelt hat. Mit einer gewerkschaftspolitischen Konferenz stimmte sich die Linkspartei am Wochenende auf die heiße Phase des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfs ein.
Auch Oskar Lafontaine ist gekommen, um seinen Genossen an Rhein und Ruhr beizustehen. "SPD und Grüne haben doch nur dann eine Chance, an die Macht zu kommen, wenn sie uns als Aufpasser an die Seite gestellt bekommen", ruft er. Aber der Noch-Bundesvorsitzende warnt auch: "Ihr müsst bei den Grundsätzen bleiben, sonst werdet ihr eines Tages wie die Grünen."
Es ist ein Spagat, den die Linkspartei in diesen Tagen versucht. Je deutlicher SPD und Grünen auf Distanz gehen, desto offener zeigt sie sich für eine Zusammenarbeit. Gleichzeitig versucht sie den Anschein zu vermeiden, zu einer Kooperation um jeden Preis bereit zu sein. "An uns wird kein Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen scheitern", betont auch Linken-Landeschef Wolfgang Zimmermann.
Abonnieren Sie die Digitaz und lesen Sie abends schon die komplette taz von morgen. Direkt auf Ihrem Computer. Einen Monat lang. Für nur 10 Euro.
Doch seine Partei werde in keine Regierung eintreten, die Sozialabbau betreibe, Stellen streiche oder Privatisierungen vornehme. Die Strategie ist offensichtlich: Bloß keinen Wähler verschrecken, weder die Pragmatiker, die alles besser finden als Schwarz-Gelb, noch derjenigen, die auf Prinzipientreue pochen. Denn die Linkspartei wird am 9. Mai jede Stimme brauchen, um erstmalig in den Landtag des bevölkerungsreichsten Bundeslandes einziehen zu können. Es wird knapp: In den aktuellen Umfragen liegt sie nur noch zwischen fünf und sechs Prozent.
Allerdings ist der Annäherungskurs an SPD und Grüne innerparteilich umstritten. So zieht der Leverkusener Kreisverband mit eigenen Plakaten in den Wahlkampf. Auf einem heißt es: "Roter Pfeffer statt faule Tomaten - denn wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!" Auf dem anderen steht: "Ökologisch und richtig scharf! Denn wer Grün wählt, wird sich schwarz ärgern." Die Motive erfreuen sich einiger Beliebtheit, auch andere Kreisverbände haben sie übernommen. Die Parteispitze ist nicht erfreut. "Wir schreiben unseren Parteibasis nicht vor, was sie zu plakatieren hat", sagt Parteichef Wolfgang Zimmermann. "Aber wir finden die Aktion politisch nicht klug, deswegen hat sich der Landesvorstand dagegen ausgesprochen."
Doch nicht nur die aufmüpfige Parteibasis beschert der Führungsspitze der Linkspartei derzeit Ungemach. Sie sieht sich auch als "Opfer einer Medienkampagne". Aktueller Anlass ist ein Artikel in der Welt am Sonntag über vermeintliche "Stasi-Methoden bei der Linkspartei". Darin wird dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Ralf Michalowsky vorgeworfen, er soll in einem Kreisverband "die Observation missliebiger Parteifreunde angeordnet haben".
Ein Vorwurf, den Michalowsky scharf zurückweist: "Das Ganze ist eine Schmierenkomödie." Es handele sich bei den gegen ihn vorgebrachten Unterstellungen offenkundig um eine Racheaktion eines ehemaligen Parteimitglieds. Hintergrund ist ein zwei Jahre zurückliegender Streit zwischen Mitgliedern der früheren Wahlalternative soziale Gerechtigkeit (WASG) und ehemaligen PDS-Leuten in Bottrop, den Michalowsky seinerzeit vergeblich versuchte zu schlichten. Er endete mit der Auflösung des Kreisverbandes, Austritten und Ausschlüssen. "Ich habe noch nie in meinem Leben jemanden bespitzeln lassen", beteuerte der 60-jährige Politiker, der vor seinem Engagement für die Linkspartei 24 Jahre SPD-Mitglied und anschließend fünf Jahre Sprecher der Gladbecker Grünen war.
***
Dieser Text ist für Sie kostenlos verfügbar. Dennoch wurde er nicht ohne Kosten hergestellt! Wenn Ihnen der Text gefallen hat, würden wir uns freuen, wenn Sie der taz dafür einen kleinen Betrag bezahlen. Das können wenige Cent sein - wir überlassen es Ihnen.
Für unabhängigen Journalismus: taz-Konto 39316106 | BLZ: 10010010 | Postbank Berlin - Verwendungszweck "taz.de".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“