Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern: Der enttäuschte Parteisoldat
Immer wieder trat Konrad Döring für die Linkspartei an und verlor. Inzwischen ist er auf dem letzten Listenplatz – und geht der Presse aus dem Weg.
Ein Sprecher der Linken erklärt, dass er seit der Wahl der Landesliste im Januar nicht mehr auf Anrufe und Mails reagiere. Für die taz-Serie „Die Letzten der Liste“ stehe Döring nicht zur Verfügung, sagt der Sprecher noch und legt auf. Es scheint fast, als ob er erleichtert sei, dass es Döring – angesichts schwacher Umfragen – nicht in den Landtag schaffen kann.
Dörings Verschwinden ist umso bemerkenswerter, als er früher die Öffentlichkeit nicht scheute. 2002 kandidierte er für die PDS in der Gemeinde Binz auf Rügen bei der Bürgermeisterwahl und verlor erst in der Stichwahl. Im selben Jahr scheiterte Döring als Direktkandidat im Wahlkreis Rügen II. 2005 schaffte Döring dann doch noch den Sprung in den Schweriner Landtag – als Nachrücker für die ehemalige Sozialministerin Martina Bunge, die in den Bundestag einzog. Ein Erbe, das er nur knapp zwei Jahre verwaltete, denn bereits bei der Landtagswahl 2006 verlor er erneut den Wahlkreis Rügen II gegen die übermächtige CDU.
Dass Döring erfolglos blieb, hängt auch mit der Schwäche seiner Partei zusammen. Nach aktuellen Umfragen liegt die Partei mit derzeit 16 Prozent unter ihrer angestrebten 20-Prozent-Marke. Selbst von der aktuellen Schwäche der SPD profitiert die Linke nicht. Ihre Klientel der sozial Schwachen verabschiedet sich nach rechts. Würde heute gewählt, läge die AfD vor der Linken. Es drohen fünf weitere Jahre in der Opposition.
Spürbar ist der Negativtrend bereits in Stralsund, wo die Kreisverbandsstelle der Linke für Rügen liegt. Klein und unscheinbar liegt das Büro inmitten einer Plattensiedlung in den Außenbezirken Stralsunds. Zur öffentlichen Sprechstunde tröpfeln lediglich drei Genossen ein – allesamt ergraute SED-Kader. „Früher hatten wir mal allein in Stralsund 6.000 Mitglieder“, erinnert sich einer. Jetzt seien es im gesamten Kreis gerade noch 500. Auch ansonsten gehe vieles den Bach runter: „Die Werften sind weg, die Bundeswehr hat sich marginalisiert, und überall stehen Häuser leer“, beklagt ein anderer Altgenosse. Da müsse die Politik wieder näher am Bürger sein und auch die sozial Schwachen unterstützen, findet er.
An Konrad Döring kann sich hier niemand erinnern – trotz seines jahrelangen Engagements für die Partei. Immerhin findet sich eine Telefonnummer seines Arbeitgebers. Nach mehreren Weiterleitungen geht Döring tatsächlich ans Telefon. Er sei enttäuscht von seiner Partei und wolle lieber nicht mit der Presse sprechen, sagt er und legt wieder auf. Verschwunden ist er also doch nicht so ganz. Nur abgetaucht – wie die Linke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht