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Wahl in der Jüdischen Gemeinde Berlin„Massive Verzerrung“

Bei der Wahl zum Gemeindeparlament soll das Ergebnis manipuliert worden sein. Angeblich wurde eine unregistrierte Wahlurne eingesetzt.

Das Jüdische Gemeindehaus in Berlin. Foto: imago/Markus Heine

Berlin taz | Die Jüdische Gemeinde zu Berlin, die größte der Bundesrepublik, kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. Nach den Wahlen zum Gemeindeparlament, der Repräsentantenversammlung, am Sonntag wurden Manipulationsvorwürfe laut. Die Oppositionsbündnis „Emet“ kritisiert vor allem das Auftauchen einer „dubiosen Wahlurne, deren Existenz uns vorher unbekannt war“, während der Auszählung der Stimmen in der Nacht zu Montag. Die Stimmen aus dieser Urne hätten das Ergebnis der Wahlen gedreht – zugunsten der Vereinigung „Koach“ des jetzigen Vorsitzenden Gideon Joffe.

Seit Langem ist die Jüdische Gemeinde zu Berlin mit rund 10.000 Mitgliedern zerstritten. Schon vor vier Jahren, bei den letzten Wahlen zum Gemeindeparlament, waren Vorwürfe laut geworden, es sei am Ergebnis getrickst worden. Dabei ging es vor allem um die Briefwahlstimmen, die den Ausschlag zur Wahl von Joffe gegeben hatten.

Ähnlich umstritten war, wie eine Initiative für ein Abwahlverfahren des Gemeindevorsitzenden vor etwa zwei Jahren ausgehebelt wurde. Die nötige Stimmenzahl für den Beginn eines Abwahlverfahrens schien vorhanden zu sein – dann aber wurden Briefe an die Befürworter des Verfahrens geschickt, ob sie dies wirklich wollten. Nur etwa ein Viertel der Befragten bestätigten dies. Die Gemeindeleitung sah sich nicht genötigt, ein Abwahlverfahren einzuleiten, Joffe blieb Vorsitzender.

Die Emet-Leute kritisierten nun auch die Wahlen vom Sonntag: Ihre Vereinigung habe „11 der 12 Wahllokale klar für sich entscheiden können“. Auf der Grundlage der vor Ort abgegebenen Stimmen hätte Emet nach dieser Berechnung alle 17 seiner Kandidaten ins Gemeindeparlament schicken können. „Die Ergebnisse der Briefwahl zeigten jedoch ein entgegengesetztes Bild“, so Emet, „wodurch, wie schon im Vorfeld befürchtet worden war, eine massive Verzerrung des Wahlergebnisses zugunsten von Koach stattgefunden hat.“

Die geheimnisvolle Urne

Gleichwohl wäre demnach auch nach Einbeziehung der Briefwahl weiterhin die Opposition mit 12 zu 9 in der Mehrheit gewesen. Dennoch habe der Wahlausschuss am Ende kundgetan, dass 13 Koach- und nur 8 Emet-Leute gewählt worden seien. Erst auf Nachfrage hin sei „eine bislang nicht bekannte Wahlurne für ‚Abstimmungen vor dem 14. Dezember‘ ins Spiel gebracht“ worden. Die Stimmen aus dieser Urne seien unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgezählt worden.

Der Spitzenkandidat von Emet, Sergey Lagodinsky, zeigte sich empört über die Geschehnisse: „Wir behalten es uns vor, hier weitere Schritte einzuleiten. Die Diskrepanz zwischen dem Ergebnis in den Wahllokalen und der Briefwahl sowie der plötzliche Fund einer dubiosen Extra-Urne müssen eingehend geprüft werden.“

In einer ersten Reaktion wies Viktoria Treskunov von der Geschäftsführung der Gemeinde dagegen jegliche Vorwürfe einer Manipulation zurück.

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