Wahl in Berlin: Renate Künast gibt auf

Die Grüne Spitzenkandidatin erteilt einer schwarz-grünen Koalition eine Absage. Die Option, als Regierende ins Rote Rathaus einzuziehen, ist damit passé.

Ratloser Blick: Renate Künast fehlen die Koalitionspartner. Bild: reuters

BERLIN taz | Renate Künast hat ihren Anspruch auf den Posten der Berliner Regierungschefin aufgegeben. "Ich werde meiner Partei nicht empfehlen, in eine Koalition mit der CDU einzutreten", sagte die Spitzenkandidatin der Grünen am Donnerstagabend beim TV-Duell mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Damit bleibt den Grünen nach der Wahl am 18. September nur noch eine Option auf eine Regierungsbeteilung: Rot-Grün unter Amtsinhaber Wowereit.

Bei ihrer Kandidatur im November hatte Künast betont, sie stünde nur als Regierende Bürgermeisterin einer grün-geführten Koalition zur Verfügung. Andernfalls wolle sie Kovorsitzende ihrer Fraktion im Bundestag bleiben. Auf die Frage nach Koalitionspartnern im Berliner Abgeordnetenhaus hatte Künast stets erklärt, es gebe mehr Überschneidungen mit der SPD. Aber auch eine grün-schwarze Koalition wollte sie bisher nicht ausschließen, um sich "Optionen offenzuhalten".

Nach der Atomkatastrophe in Japan im Frühjahr hatten die Berliner Grünen in Umfragen noch mit der SPD gleichauf gelegen, fielen aber danach immer weiter zurück. Eine Regierende Bürgermeisterin Renate Künast war zuletzt allenfalls bei einem grün-schwarzen Bündnis möglich.

Das aber ist in der Partei umstritten und wird von den Wählern abgelehnt. Laut der jüngsten infratest-Umfrage wünschen 80 Prozent der Grünen-Wähler eine Koalition mit der SPD. Vor allem linke Stammwähler wandern zur SPD oder zur Piratenpartei ab.

Piraten locken enttäuschte Grüne

"In Berlin holen die Piraten stärker als sonst von den Grünen Stimmen", sagt Oskar Niedermayer, Parteienforscher von der Freien Universität Berlin. Augrund ihres sehr personalisierten Wahlkampfs könnten die Grünen von einem Teil ihrer bisherigen Wähler als "zu brav" empfunden werden, so Niedermayer.

Der Einzug der Piraten ins Berliner Landesparlament ist nun sogar in greifbare Nähe gerückt. Das ZDF-"Politbarometer" sah sie am Freitag bei 5,5 Prozent. Die in den ARD-"Tagesthemen" präsentierte infratest-Umfrage gibt ihnen sogar 6,5 Prozent.

Weit vorn liegt hier die SPD mit 32 Prozent. Die CDU kommt auf 21 Prozent, die Grünen landen mit 19,5 Prozent nur auf Platz drei. Die Linke steht konstant bei 11 Prozent, die FDP scheitert an der Fünfprozenthürde. Bei solchen Zahlen wäre auch rechnerisch jede grün-geführte Koalition unmöglich.

Angesichts dieser Zahlen mühen sich die Grünen um eine radikale, aber unauffällige Kehrtwende. Der Fraktionschef der Berliner Grünen, Volker Ratzmann, der parteiintern als großer Anhänger der CDU-Option gilt, verkündet nun: "Die Behauptung, es gäbe eine grün-schwarze Strategie, ist ein von der SPD gestreutes Gerücht."

Rechnerisch möglich sind derzeit nur noch Rot-Grün oder Rot-Schwarz. Die CDU gilt aber selbst bei der SPD-Basis als kaum vermittelbar. Rot-Grün hingegen müsste sich beim einzig klaren Streitpunkt im Berliner Wahlkampf einigen: dem Ausbau der Stadtautobahn A 100. Den lehnen die Grünen ab, Wowereit pocht darauf.

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