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Wahl des BundespräsidentenLinke uneins über Kandidaten

Die Nazi-Jägerin, den Politologen oder lieber die Abgeordnete? Die Linkspartei kann sich nicht entscheiden, wen sie für das Bundespräsidentenamt kandidieren lassen will.

Der Kölner Politologe Christoph Butterwegge ist seit Donnerstag im Gespräch als Kandidat. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Linke tut sich schwer mit der Suche nach einem Bundespräsidenten-Kandidaten: Die Parteiführung konnte sich am Donnerstag noch nicht zwischen der Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld, dem Kölner Politologen Christoph Butterwegge und der Bundestagsabgeordneten Luc Jochimsen entscheiden. Mit allen dreien würden nun weitere Gespräche geführt, sagte Parteichefin Gesine Lötzsch nach einer vierstündigen Sitzung. Die Entscheidung soll nun am Montag fallen.

Dabei handelt es sich mehr um einen symbolischen Akt: Denn eine Chance hat der Linken-Kandidat nicht, weil sich die anderen Bundestagsparteien bereits auf den Gründungschef der Stasiunterlagen-Behörde, Joachim Gauck, geeinigt haben.

Die Linke war von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von der Suche nach dem Konsens-Kandidaten ausgeschlossen worden. Ein Verzicht auf eine eigene Kandidatur kommt inzwischen nicht mehr in Frage. Parteichef Klaus Ernst sprach von einer "komfortablen Situation" und einer Reihe von guten Kandidaten. Die Linke stellt etwa 10 Prozent der Wahlleute in der Bundesversammlung.

Beate Klarsfeld machte bereits klar, dass sie als Kandidatin nicht die Parteilinie der Linken vertreten wolle. Bild: dpa

Klarsfeld war von Lötzsch bereits am Sonntag ins Gespräch gebracht worden. Die 73-Jährige hatte 1968 Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger auf einem CDU-Parteitag geohrfeigt und ihn wegen seiner NSDAP-Vergangenheit als Nazi beschimpft. Später bemühte sie sich mit ihrem Mann Serge Klarsfeld um die Auslieferung von Nazi-Verbrechern wie den ehemaligen Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie. In Interviews machte sie bereits vor der Spitzenrunde klar, dass sie als Kandidatin nicht die Parteilinie der Linken vertreten wolle.

Butterwegge wurde erst am Donnerstag öffentlich genannt. Für den 61-Jährigen Hartz-IV-Kritiker wurde ins Feld geführt, dass er die politischen Positionen der Linken besser vertreten könne. "Ich würde mich über die Kandidatur freuen, da sie die Möglichkeit bietet, auf die soziale Spaltung in Deutschland hinzuweisen", sagte der Armutsforscher dem Kölner Stadt-Anzeiger und ähnlich der Mittelbayerischen Zeitung (jeweils Freitag).

Luc Jochimsen war bereits 2010 Präsidentschaftskandidatin der Linken. Bild: dpa

Jochimsen war bereits 2010 Präsidentschaftskandidatin der Linken. Sie hatte am Mittwoch den Vorschlag gemacht, die Bundesversammlung aus Protest gegen den Ausschluss von der Suche nach einem Konsens-Kandidaten zu boykottieren.

Debatte über Ehrensold für Wulff

Unionsfraktionschef Volker Kauder sieht Kanzlerin Angela Merkel durch das Gerangel der Koalition um die Kür Gaucks nicht geschwächt. Merkel war ursprünglich gegen den Favoriten von SPD und Grünen. "Sie hat die Kandidatensuche zu einem vernünftigen Ende geführt, die uns manch schwierige Diskussion erspart. Auch das ist gut angesichts der Herausforderungen", sagte der CDU-Politiker dem Internetportal Focus Online.

Indirekt ermahnte Kauder die FDP, sich nun nicht damit zu brüsten, dass sie sich in dieser Frage gegen CDU-Chefin Merkel durchgesetzt habe: "Eine Koalition sollte sich auch immer durch Mannschaftsspiel auszeichnen."

Derweil findet die Debatte über den Ehrensold von jährlich fast 200.000 Euro für Ex-Bundespräsident Christian Wulff kein Ende. Der CSU-Haushaltspolitiker Herbert Frankenhauser brachte eine Gesetzesänderung ins Spiel, um die Auszahlung künftig an Bedingungen zu knüpfen. So könnte der Ehrensold - unabhängig vom Fall Wulff - erst ab einem bestimmten Alter oder gestaffelt gezahlt werden.

"Wir müssen das unaufgeregt, objektiv und auf eine dem Amt angemessene Weise prüfen", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Bundestags- Haushaltsausschusses der Financial Times Deutschland (Freitag). Dies wollte er aber nicht auf den aktuellen Fall Wulff beziehen. Die Bundesregierung hatte zuletzt erklärt, allein das Bundespräsidialamt entscheide über das Geld für Wulff.

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17 Kommentare

 / 
  • R
    RLS

    Ich kannte Butterwegge nicht, dass was er sagt und schreibt gefällt mir sehr gut. Oskar hat wieder mal ein gutes Händchen bewiesen.

    Alleine deshalb schon weil dieses dass wichtigste Thema in Deutschland sein sollte. Rassismus, Terrorismus, Verbrechen geschehen oft aus der Armut heraus.

    Und wieder hat sich Geszine Lötsch mit Frau Klarsfeld eingemischt,

    und nun haben sie drei Kandidaten.

    Alles was Frau Lötsch macht geht schief, man sollte einmal nachforschen ob diese Frau ein Spion der FDP ist. Hoffentlich schiesst man sie bald ab.

    Und Frau Luc Jochimsen sollte ausscheiden weil sie Abgeordnete ist,

    und dass Volk keine Abgeordneten mehr will, laut einer Umfrage.

    Dass sollte auch für die Linke gelten.

    Linke reden von mehr Demokratie wagen, haben damit aber immer wieder Probleme weil sie alle ekelhafte Selbstdarsteller sind, und weil es die meisten nicht mehr gäbe. Hätte diese Partei gescheite Kandidaten, stünde sie heute bestimmt schon bei 25%. Alleine schon deshalb weil sie die einzige Alternative darstellt. So gerne ich die Linke stärker sähe, habe ich doch meine Bedenken weil die meisten Abgeordneten der Linken nichts taugen.

  • C
    Camilla

    Ich wusste nicht, dass die Linke jetzt pro-israelisch ist.

    Frau Klarsfeld hat bei der Suche von Judenverfolgern Grosses geleistet, aber wo steht sie politisch jetzt?

  • A
    AntiFunt

    @Ninga

    "Der Gauck gaucklt immer was gauckiges"

     

    Wie lange mussten Sie dafür überlegen?

  • MH
    Margot Honecker

    Linke uneins über Kandidaten? Es gibt die Lösung: Margot Honecker. Pol-Pot, Mao, Stalin und die anderen den Linken im Westen wie im Osten leuchtenden Vorbilder sind ja leider leider tot.

  • H
    Hajü

    Ich finde es gut, das eine Auswahl öffentlich gemacht wird. Der Zornbürger Georg Schramm hat wohl zurecht abgelehnt, sein Image des Satirikers hätte sich nicht mit dem Ernst vertragen, der Auseinandersetzung um das Amt des Bundespräsidenten, und wer es schliesslich bekleidet.

    Jetzt ist übers Wochenende Zeit, sich zu informieren, eine Meinung zu bilden und ....

    sie zu äussern.

    Mir sind vorab 2 von den zur Diskussion Stehenden recht,

    Beate K. wegen ihres Mutes und Entschlossenheit,

    Christoph B. wegen seiner interlektuellen Stärke und Klarheit.

  • T
    Trau-Schau-Wem

    Sehr schön, ich freue mich darüber, dass die Linkspartei eine-n eigene-n KandidatIn aufstellen wird.

    Und wenn ich mir die Namen so anschaue, so wird es demnach in jedem Fall eine echte Alternative zu Herrn Gauck bei der geheimen Wahl für einige Wahlmänner und Wahlfrauen der BV geben, was ich ausdrücklich begrüße.

    Denn ein Herr Gauck entspricht nun wirklich in keinster Weise meinen Erwartungen die ich an einen würdigen BP habe.

    Und die Enthüllungen um Gauck hören nicht auf

    Nun will auch Hans-Jochen Tschiche, u.a. Ehrenpräsident des Landesverbandes Sachsen-Anhalt von Bündnis 9o/Die Grünen und Gründungsmitglied "Neues Forum" nicht mehr schweigen.

    Er sagt u.a. Zitat im Freitag:

    "Gauck hat niemals zur DDR-Opposition gehört", sagt Hans-Jochen Tschiche. "Und er reist ohne Skrupel auf diesem Ticket durch die politische Landschaft."

     

    Mit anderen Worten, wir sollen nun nach den Wünschen von Union, FDP, SPD und Grünen den nächsten Lügner vor die Nase gesetzt bekommen.

    Das kann doch wohl nicht wahr sein!

     

    Für mich ist Gauck mittlerweile nicht nur jemand der in unerträglicher Weise unsere Gesellschaft spaltet, für mich ist nach eingehendem Studium dieser Person Gauck vor allem ein Scharlatan erster Güte.

  • F
    Friederike

    User K.-D.T. hat recht, diese Eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht.

     

    ABER es musste jemand sein, der geschickt und mit Kalkül tolle Reden schwingt. Dem dummen Volke zum Nutzen natürlich.

     

    Der Regierung dienen und dem Volk vermitteln, was gut für es ist und alle sind glücklich?

     

    Schon meine Großmutter erzählte mir als Kind, wie die tollen Reden auf die Menschen wirkten.

     

    Ich freue mich schon auf die 1.Rede von Gauck,damit ich vergleichen kann, was wer wann sagte...

     

    Es bleibt spannend...sperrt die Augen und Ohren auf.

    Schönes Wochenende nach Berlin

  • P
    Pfeife

    Einen Ehrensold für einen "politischen Duckmäuser" und "Schnäppchenjäger". Was soll das?

  • M
    Marc

    Hinter vorgehaltener Hand dürften sicherlich auch Namen wie Margot Honecker oder Christian Klar gefallen sein.

  • W
    Weber

    Butterwege und Kalrsfeld sind auf jeden Fall 2 sehr sehr respektable KandidatInnen. Klarsfeld wäre cool und ein echter Coup, Butterwege würde halt das Thema Armut in den Fokus bringen. Jochimsen fände ich Langeweile pur!

  • N
    Ninga

    Ich wünsche mir, dass die Nazi-Jägerin Bundespräsidentin wird!

    Der Gauck gaucklt immer was gauckiges und damit ist er nicht geeignet als First-man für Deutschland!

    Außerdem ist er ein begeisterter Sarrazinismus.

  • F
    Fassunglos

    pardon: Aber der "Ehrensold" beträgt inkl. der zugestandenen "Sachmittel" nicht € 200 000.- sondern leider, € 500 000.- per anno - ich finde der Unterschied ist zu groß, als dass er lapidar unberichtigt bleibt.

     

    Mal ganz abgesehen, dass es eine Frechheit gegenüber "normalen" Arbeitnehmern ist, die sich mit Kündigungen wegen z.B. mitgenommenen übriggebliebenen Maultaschen abfinden müssen. Wo bitte ist hier die Rechtsstaatlichkeit angelangt? Politiker, die wegen exobitanten Fehlverhaltens "aus dem Amt scheiden" (weil wir, ihre Arbeitgeber ihnen nicht kündigen können, was wir sonst getan hätten) werden noch belohnt?

    Was lernt denn die Bevölkerung daraus?

    Sorry - aber das ist ja für jeden Kleinkriminellen eine Steilvorlage!

     

    Dank der großzügigen Haltung der Ganz-Großen-Koalition (CDU/FDP/SPD/Grüne) zahlen wir Steuerzahler pro Jahr 1 Mio. Euro für - auf je zweifelhafte Weise - entschwundene Bundespräsidenten. Sollten wir - die das Geld dafür ja erarbeiten - uns nicht genau überlegen können, wen wir uns als nächsten BP leisten wollen?

    Und ob wir bereit sind, ein solches finanzielles Risiko einzugehen?

    Wieviele Menschen könnten von dem Geld (über)leben, dass da so bereitwillig hinterhergeworfen wird?

    (http://www.taz.de/!c88277p3295/?tx_skpagecomments_pi1[showComments]=1&tx_skpagecomments_pi1[success]=1#send-comment)

     

    Was Gauck betrifft, denke ich, sollte der Satz gelten: Lesen bildet!

    http://www.freitag.de/2000/17/00171201.htm

    und

    http://wahrheiten24.de/

     

    Ich denke mit ein bißchen guten Willens kann sich da jeder selbst einen Reim darauf machen!

  • A
    axel

    Da lob ich doch, daß bei der Linken ernsthafte Diskussionen über die/den Kandidatin/Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten stattfinden und nicht einfach - wie bei den Grünen oder der SPD - "basisdemokratisch" -:))verkündet wird.

    "Uneins" kann auch positiv gedeutet werden.

  • KT
    K.-D. T.

    Alle suchen das Eier legende Wollmilchschwein das auch noch intellektuell gebildet sein sollte und Industrielle,Banker und Partyveranstalter meidet wie der Teufel das Weihwasser dabei aber weise wie Salomon ist und päpstlicher als der Papst.

    Dieses Wunderwesen gibt es nicht.

  • H
    Hannes

    Man sollte nicht die Luc Jochimsen nehmen, das Staatsoberhaupt sollte kein Parteibuch haben!!!

  • HF
    Herr Fuchs

    Diese Kandidatendiskussion ist einerseits gut, weil demokratisch, andererseits bringt sie enorm viel argumentatives Wasser auf die Mühlen der Gauck-"Einheitsfront", von wegen: 'Wenn die Linken sich nicht mal untereinander ohne Gezank einigen können, dann bestätigt dies nur unsere Nichteinbeziehung der Linken, weil mit denen eh nie ein Konsenskandidat gefunden worden wären.' Und außerdem kann es auch nicht Sinn eines BP sein, eine bestimmte Parteilinie konsequent zu vertreten, wie wohl teilweise bei einigen Linkenvertretern gefordert. Geeignerter als Gauck sind die im Gespräch befindlichen Personen aber alle Mal.

  • B
    broxx

    "Die Linke tut sich schwer mit der Suche nach einem Bundespräsidenten-Kandidaten"

    Hä???

    Wußte gar nicht das die da ein Mitspracherecht haben...