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Wärmegewitter im Kultursommer

■ Protest der Bremer Kunsthäuser gegen eine Ausstellung mit Edward-Hopper-Grafiken

Mit dem zugkräftigen Namen Edward Hoppers wollen Kultur- und Wirtschaftsressort gemeinsam die Sommergäste in die Stadt locken: Am 25. September eröffnet eine Schau mit Druckgrafiken des populären US-Künstlers im neuen „Kunstforum Am Markt“. Das Kulturressort ist Träger des ambitionierten Projekts, für die Finanzierung aber mußte man beim Wirtschaftsressort anklopfen: 187.000 Mark will man dort im Bedarfsfall zuschießen, weitere 50.000 kommen aus dem Kulturressort selbst. „Eine sichere Bank“, schätzt Gerhard Schwandner, Kultur-Staatsrat, die Publikumswirksamkeit des Unternehmens ein. „Die Leute sollen sich endlich freuen“, statt immer an den Ausstellungs-Ideen des Ressorts herumzumäkeln. Die Freude aber wird nicht ungetrübt sein: Aus den übrigen heimischen Kunsthäusern ist bereits Kritik zu hören. Ein gemeinsamer Protestbrief ging gestern ans Kulturressort – Tenor: Das Kulturressort als Antragsteller macht den gebeutelten Museumsleuten nun noch selbst Konkurrenz. „Man kann doch die Museen in Bremen nicht aushungern, um dann die richtig bemessenen Mittel für eine von der Behörde selbst organisierte Sonderausstellung bereitzustellen.“ So formulieren die Leiterinnen und Leiter aus fünf Kulturhäusern ihre Kritik an dem Projekt Hopper. Neben Kunsthalle, Gerhard-Marcks-Haus und Neuem Museum Weserburg schließen sich das Überseemuseum und das Focke-Museum dem Protest an.

Für sie ergebe sich eine „widersinnige Situation“ durch die Ausstellung: Allein die Werbekosten für die Hopper-Schau sind mit 210.000 Mark kalkuliert – weit mehr, als den gesamten übrigen Kunsthäusern für ihre Ausstellungsetats zugeschossen wird. „Im Prinzip begrüßen wir dieses realistische Finanzierungskonzept“, sagt Thomas Deecke, Leiter des Neuen Museums Weserburg. Nur entspreche das „nicht der realen Bremer Situation“, in der die Kunsthäuser ständig auf die leeren Kassen der Ressort verwiesen würden. „Wir fänden es gut, wenn solche Ansätze auch zur Grundlage unserer Etats gemacht würden“, sagt Deecke.

Doch dieses wird wohl kaum geschehen. Dem geldgebenden Wirtschaftsressort ist naturgemäß allein der Werbeeffekt von Veranstaltungen wichtig. Frank Haller, Staatsrat des Hauses, verweist auf die Richtlinien für den Veranstaltungsfonds: „Ist es überregional bedeutsam“, was für Hopper wohl zutreffe. Aber: „Wenn's nur so'n ein regionaler Zirkus ist, sehen wir das schon enger.“ Vergleichbare Summen will man in die heimischen Kunsthäuser jedenfalls nicht investieren. Das komme sehr viel teurer, und : „Wir können nicht solange warten, bis die Museen wieder auf Vordermann gebracht sind.“

Tatsächlich haben letztere in einigen Fällen vergeblich dort angeklopft, wo dem Kulturressort nun aufgetan ward. Als Beispiel nennen die Museumsleute eine Schau klassizistischer Plastiken, für die das Marcks-Haus noch einen Rest von 40.000 Mark bräuchte – dafür, so beschied das Wirtschaftsressort im April, sei in diesem Jahr kein Geld mehr da. Auf eine gemeinsame Strategie, was denn nun in Bremen gefördert werden soll, haben sich Kultur und Wirtschaft freilich noch nicht einigen können. Schwandner: „Es gibt da manchmal sicherlich unterschiedliche Einschätzungen.“

Im Falle der Hopper-Grafiken waren sich die Ressorts halt einig. Während die Museen murren, sieht die Leiterin des Kunstforums, Barbara Claassen-Schmal, die Sache als „absoluten Glücksfall“ an. Nicht nur wegen der Finanzierung, sondern vor allem, weil es ihr gelungen ist, die Grafiken aus dem New Yorker Whitney-Museum loszueisen. 70 Exponate aus dem Frühwerk Hoppers würden gezeigt, neben Beispielen anderer Zeitgenossen des Künstlers. Aber auch daran hatten die übrigen Häuser keinen Anteil: In der Planungsphase habe es keinen Austausch mit den anderen Häusern gegeben, die sich nun fragen, „warum die fachliche Kompetenz der Museen nicht genutzt“ werde. tom

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