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Wachstumsmarkt "Halal" LebensmittelIslamisches Bier

Mit islamisch geprägtem Konsumverhalten lässt sich gutes Geld verdienen, der Markt wächst rasant. Doch bislang gibt es keine einheitliche Zertifizierung für "Halal" Lebensmittel.

Islamisches Bier, gesehen auf einer Messe für "Halal" Nahrungsmittel in Indonesien. Bild: ap

KÖLN taz | Weltweit wächst kein Segment auf dem Lebensmittelsektor so stark wie "Halal Food". Die Unesco schätzt, dass der Handelswert von 150 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008 auf über 500 Milliarden im kommenden Jahr steigen wird. Inzwischen entdecken zunehmend auch europäische Lebensmittelhersteller die islamischen Speisegebote. Das zeigt die diesjährige Anuga in Köln. Noch bis zum heutigen Mittwoch präsentieren 6.522 Aussteller aus 97 Ländern auf der weltgrößten Ernährungsmesse ihre Produkte. 863 von ihnen haben "Halal Food" im Angebot - so viele wie noch nie.

Das arabische Wort "Halal" bedeutet "das Zulässige, Erlaubte und Gestattete". Der Begriff bezieht sich auf alle Dinge und Handlungen, die aus islamischer Sicht gestattet sind. Die richtige Ernährung spielt dabei jedoch eine zentrale Rolle.

Vergleichbar mit den jüdischen Speiseregeln muss auch bei der Herstellung der "Halal" Lebensmittel vor allem sichergestellt werden, dass die Produkte nicht mit Bestandteilen von Schweinefleisch in Berührung kommen, aber auch nicht mit Hunden, Eseln oder Greifvögeln. Ebenso dürfen sie keinen Alkohol enthalten. "Mit rund 1,4 Milliarden Muslimen sind 'Halal'-Nahrungsmittel und -Getränke eine wachstumsstarke Produktgruppe innerhalb der Ernährungswirtschaft", sagt Kölnmesse-Chef Gerald Böse.

Dass sich mit dem religiös geprägten Konsumverhalten gut verdienen lässt, erkennen allmählich auch europäische und deutsche Unternehmen. So produziert inzwischen Haribo in der Türkei Halal-Gummibärchen aus Rindergelatine. Als "100 % Helal" präsentiert die Düsseldorfer Sea Food GmbH ihre mit Fischgelantine hergestellten "Frutty Bears" auf der Anuga. Bei Nestlé sind von weltweit 456 Unternehmenstöchtern mittlerweile 75 Halal-zertifiziert. Der Schweizer Lebensmittelkonzern verdient mit Koran-konformer Ware schon mehr als mit Bioprodukten.

Bisher gibt es international jedoch keine einheitlichen Zertifizierungsstandards für Halal-Betriebe. Auch in Deutschland konnten sich die diversen islamischen Verbände nicht auf ein gemeinsames Prüfsiegel einigen. Entsprechend groß ist der Markt der Halal-Zertifizierer, die Rohstoffe, Herstellung, Reinigung und Zulieferer kontrollieren.

Problematisch: So warb auf der Anuga auch Yavuz Özoguz für das von ihm und seinem Bruder Gürhan geleitete Zertifizierungsunternehmen m-haditec. Die beiden sind auch Betreiber der islamistischen Internetplattform Muslim-Markt. Auf der rufen sie unter anderem zum Boykott aller israelischen Waren, von allen Produkten, "die Symbol einer antiislamischen Kultur sind" - wie Coca-Cola oder McDonalds-Angeboten - sowie von Produkten "mit Feindseligkeit gegen Islam und Muslime", darunter auch das "sogenannte Satireblatt" Titanic und die taz.

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18 Kommentare

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  • V
    Vegetarier

    @Schade: "Tieren muss islamkonform ohne Betäubung, bei vollem Bewußtsein die Kehle durchgeschnitten werden", behaupten Sie. Da sind Sie schlecht informiert. Denn diese Frage ist in der islamischen Welt hochumstritten und wird von den verschiedenen Rechtsschulen unterschiedlich beantwortet. Die meisten Halal-Zertifizierer in Deutschland gehen davon aus, dass das Schächten unter Betäubung zulässig ist und zertifizieren entsprechend Betriebe, die dies - wie es die deutschen Gesetze ja auch verlangen - so praktizieren. Die anderen hingegen zertifizieren erst gar keine Fleischproduzenten in Deutschland, weil Also unterstützt derjenige, der in Deutschland produziertes Halal-Fleisch konsumiert so wenig oder so viel Tierquälerei, wie derjenige, der ein Schnitzel von einem traditionsdeutsch geschlachteten Schwein isst.

  • S
    Samia

    "...In diese Richtung argumentierte auch Dr. Gerhard Baumgartner, Referatsleiter Tierschutz beim Bundesministerium fuer Landwirtschaft (BML). Laut der Geistlichen Zentrale des Islam an der Al-Azhar-Universitaet in Kairo ist fuer Moslems die sogenannte reversible Betaeubung vor dem Schlachten zulaessig. So lehnt die Bundesregierung jedes Schaechten ohne Betaeubung ab. Damit schliesst sie sich den Forderungen des Deutschen Tierschutzbundes an, der generell das Schlachten mit Betaeubung und ein Verbot des Schlachten ohne vorherige Betaeubung fordert. Das rituelle Schlachten ist von dieser Regelung ausgeklammert, da hier der Artikel vier des Grundgesetzes (Religionsfreiheit) greift."

     

    "In seinem Schlusswort bemerkte Guenther auf der Horst, dass Schaechten nur deshalb in Verruf gekommen ist, weil es nicht von Fachleuten durchgefuehrt wird. ''Wir sollten fuer fachgerechtes Schlachten sorgen'', sagte der WDL-Vorsitzende. ''Der Deutsche Tierschutzbund ist die federfuehrende Kraft gegen Schaechten. Er nimmt aber nicht zur Kenntnis, dass Schaechten nach wissenschaftlichen Untersuchungen tiergerecht ist.""

     

    Quelle: http://www.hagalil.com/judentum/koscher/m-shoch2.htm

  • AW
    Anton Wisniewski

    Bei der ganzen Euphorie Hurra wir sind so multikulti, wir sind halal, dürfen wir nicht vergessen, dass bei dem Halal-Fleisch es sich um Tiere handelt, die geschächtet wurden, also eine Art des Tötens, die zu Recht von Tierschützern und Tierärzten, kritisiert wird, weil sie eine unnötige Tierquälerei darstellt.

     

    Eigentlich ist Schächten verboten, leider stehen religiöse Riten über der Würde eines Tieres back to the Mittelalter kann man dazu nur sagen.

     

    Schächten ist Tierquälerei! Und wer Halal-Fleisch ist, der unterstützt diese Tierquälerei.

  • HB
    Herr B

    Keine Sorge, dass tun Sie nicht. Eventuell zu differenziert für die Kommentatoren, die hier in letzter Zeit ihr Unwesen treiben und versuchen zu provozieren. Überall Trolle. Nicht füttern.

     

    Übrigens @ ebenjene: Sehr gewitzt von euch, echt, hät' ich euch ja nicht zugetraut. Irgendwann begreift ihr das schon, keine Sorge.

  • D
    denninger

    Seltsam, dass immer wieder die falsche These aufgestellt wird, halal Produkte seien per se qualitativ hochwertig.

    Die Vorschrift hat nur mit der Auswahl der Rohstoffe bzw. dem Töten der Tiere zu tun.

    Über Verarbeitung und Hygiene wird, im Gegensatz zu den jüdischen Speisegesetzen nichts gerschrieben.

    Also, wenn jemand auf Qualität und gute Verarbeitung Wert legt muss er sich schon kosher ernähren.

  • H
    hans-walter

    wenn ich diese ganzen respektlosen dummen Kommentare von euch Heiden hier lese wird mir schlecht. Ihr denkt wohl ihr seid der Mittelpunkt der Erde.

  • S
    Schade

    Vielleicht sollten sich einige hier erstmal informieren, was "halal" überhaupt bedeutet.

     

    Da sind sich dann die "Experten" einig, dass jeder essen sollte, was er will.

     

    Tieren muss islamkonform ohne Betäubung, bei vollem Bewußtsein die Kehle durchgeschnitten werden. Das Vieh blutet dann komplett aus.

    Das ist doch nun wirklich Fortschrittlich!

     

    Da wird hierzulande Jahrzehnte gutmenschlich für den Tierschutz gekämpft, um dann bei nächster Gelegenheit umzufallen.

    Ganz schwach liebe Leute.

     

    Warum wird in dem Artikel darüber eigentlich nicht ein einziges Wort verloren?

  • S
    Samia

    ich bin-hier muss man ja schon fast todesmutig sein, um der islamophobierten Leserschaft dies zu offenbaren- muslimische Konsumentin der taz und der Halal-Produkte. Ich finde es gut, dass ich mehr Freiheiten habe, mir Essen auszusuchen, das mit meinen religiösen Ansichten harmonisiert. Ich würde daher natürlich auch dem koscharen Rind den Vorzug geben, wenn ich die Gelegenheit habe und dann kein andersgeschlachtetes Fleisch essen brauche. Ich sterbe allerdings auch nicht an Nicht-Halal-Produkten, das ist mir bewusst...wenn jemand Schwein essen möchte, weil es ihm schmeckt, dann soll er es doch bitte tun. Wenn jemand gar kein Fleisch isst aufgrund einer vielleicht auch nicht satanisierten Ideologie heraus wie z.B. aufgrund ausgeprägter Tierliebe oder aus Abneigung einer Massentierhaltung, dann ist das doch bitte auch zu akzeptieren. Wen bitte interessiert es überhaupt hier im Blog, ob eine wildfremde Studentin Fleisch, kein Fleisch, nur kein Schwein, nur halal-Fleisch isst? Wen verletze ich damit persönlich? Im Gegenzug sehe ich mich hier vielen Provokationen ausgesetzt, die mich verleiten könnten beleidigt zu sein, wenn ich denn so einen Charakter hätte. Islamophobie ist herzlich willkommen gepaart mit einem ganz kleinen, unsichtbaren Schuss Antisemitismus-der ist ja verpönt im deutschen Mund! Und als deutsche Muslimin kann ich natürlich auch nicht verstehen, dass es Menschen wie die o.g. Produzenten gibt, die ihre religiösen Ansichten mit ihren persönlichen politischen Ansichten vermischen und dann publik machen. Aber vielleicht denke ich auch einfach zu differenziert für diese Welt...

  • A
    anonymos

    Es ist schon erstaunlich wie leicht sich einige hier aus der Fassung bringen lassen und wie viele hier nicht in der Lage sind logische Gedanken zu fassen. Ich verstehe nicht was euer Problem mit den Muslimen ist ? Wenn ein Muslim nur Halal essen will dann ist das absolut seine Sache und wenn er andere Sachen nicht isst, hat das keinen von euch auch nur im geringsten zu stören. Genauso wie manche Menschen sich nur von Bio ernähren, ernähren sich Muslime nur von Halal. Und wenn Unternehmen hier eine Lücke finden, sichert dies zugleich noch arbeitsplätze. Doch ein intolleranter Menschenhaufen der nun auch noch anderen vorschreiben möchte, was sie zu essen haben, wird sowas nie verstehen.

  • S
    Senfdazugeber

    Jaja, so ist er, der böse Muselmann: Will einfach kein Schwein essen...

     

    Und wir keine Hunde,

    Inder keine Kühe,

    Ex-Alkis keine Weinbrandbohnen,

    ich keine Fischbäckchen

    und Du bestimmt kein Sushi.

     

    Komisch, über koscheres Essen regt sich zum Beispiel keiner auf, aber das wäre ja auch politisch höchst inkorrekt...

  • D
    Daria

    Durch diese Vorschriften, hält man sich von ungesundem, vor allem vom Gammelfleisch fern. Nur warum greift der Staat durch eine gesetzliche Regelung nicht ein, statt dies antisemitischen, fundamentalistischen Rassisten zu überlassen.

    Führt ein ein staatliches Zertifikat ein.

  • I
    Irene

    Man sieht sehr schön, wie Fundamentalisten ticken: weder Satire noch die taz, eine den Muslimen nun wirklich gewogene Zeitung, können sie ertragen.

  • HZ
    hirnfreie Zone

    Von religionsfreie Zone:

     

    "Halal ist also auch wieder so eine zickige Abschottungstendenz seitens der islamischen Ideologie."

     

    Genau, die sollen gefälligst Schweine fressen wie alle anderen auch!!! Wo kommen wir denn hin, wenn hier jetzt auch noch jeder das isst, was er will!!!

  • K
    klumpatschverkaeufer

    Vielleicht sollte das Islamkollektiv mal zum Psychologen gehen?

     

    Die Islamjuenger brauchen gar keine Titanic - sie sind selbst Satire.

  • RZ
    religionsfreie Zone

    Halal ist also auch wieder so eine zickige Abschottungstendenz seitens der islamischen Ideologie.

     

    Als ob sich Rinder lieber schlachten lassen als Schweine.

  • A
    Art

    @ Claus Thaler:

     

    Ihre Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich zeigt doch gerade der letzte Absatz die Ausgewogenheit des Artikels. Oder ist Ihnen das nicht "scharf" genug?

  • V
    vic

    das "sogenannte Satire-BLATT titanic und taz"

    nana, wir woll´n mal auf dem fliegenden Teppich bleiben meine Lieben.

  • CT
    Claus Thaler

    Liebe Taz,

    bitte bleibt so wie ihr seid aber überdenkt Euer

    Verhältnis zum Islam.

    Der letzte Satz in Eurem Artikel sollte Euch zu denken geben!