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WWF gibt EinkauftippsFisch mit Umsicht genießen

Der Umweltverband WWF empfiehlt, beim Fischverzehr genau auf Herkunft und Sorte zu achten, um Überfischung keinen Vorschub zu leisten.

Augen auf beim Fischkauf: Massenhafter Verzehr führt zu Überfischung. Bild: dpa

Hamburg taz Seezunge geht gar nicht. Zu jedem 300-Gramm-Filet auf dem Teller, muss sich der speisende Mensch 1,8 Kilogramm verwesendes Meeresgetier denken - Tiere, die er nie zu schmecken bekommt, weil sie als unerwünschter Beifang halbtot wieder ins Wasser geworfen wurden. Der Umweltverband WWF, von dem das Beispiel stammt, hat solchen Praktiken den Kampf angesagt und sucht dabei die Unterstützung der Verbraucher. Mit einem Einkaufsratgeber, dessen aktuelle Version am Mittwoch in Hamburg vorgestellt wurde, will er einen ökologisch vertretbaren Fischkonsum ermöglichen.

Vom Reichtum der Meere ist nicht mehr viel übrig. Laut Welternährungsorganisation (FAO) sind 77 Prozent der weltweit kommerziell genutzten Fischbestände überfischt oder sie werden maximal ausgebeutet. In den einst besonders fischreichen Gewässer vor den Küsten Nordeuropas gilt das sogar für 88 Prozent der Bestände.

Wie sehr die Bestände auf den Hund gekommen sind, illustriert der WWF mit einem Foto von 1900: Ein dreijähriger Junge steht zwischen zwei aufgehängten Kabeljaus. Sie sind so groß wie er selbst. Heute empfehlen Wissenschaftler, nur Kabeljaue zu kaufen, die wenigstens 68 Zentimeter lang sind. Kürzere, also jüngere Fische hatten keine Chance, Nachwuchs zu zeugen.

Die Empfehlungen des WWF finden sich auf einem handlichen Faltkärtchen. Alphabetisch aufgelistete Fischsorten sind nach dem Ampelsystem gekennzeichnet: Grün bedeutet "gute Wahl", gelb "zweite Wahl", rot "lieber nicht". Ohne bedenken gekauft werden kann demnach Alaska Seelachs aus dem Pazifik, Seelachs aus der Nordsee, Hering aus dem Nordost-Atlantik und der nördlichen, zentralen Ostsee sowie Lachs aus dem Pazifik - sofern alle diese Fische mit dem blauen Siegel des Marine Stewardship Council (MSC) versehen sind, das eine nachhaltige Fischerei garantiert. Unproblematisch findet der WWF auch den Verzehr von Zander aus Westeuropa, von Bio-Zuchtlachs und Eismeergarnelen aus dem Nordost- und Nordwest-Atlantik.

Die Empfehlungen orientieren sich bei Wildfängen daran, wie stark ein Bestand befischt ist; ob beim Fischen Lebensräume zerstört werden und ob viel Beifang anfällt. Zuchten beurteilt der WWF nach ihrem Energieverbrauch, der Herkunft des Futters, anfallenden Abwässern und danach, ob wertvolle Lebensräume zerstört werden.

Neu am Einkaufsführer ist, dass er stärker nach Fanggebieten differenziert. Der WWF greift damit einer Entwicklung im Handel vor. Im Dezember hatte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Fischindustrie, Peter Dill, angeregt, die Kennzeichnung feiner zu gestalten als die FAO. Die von der FAO definierten Fanggebiete sind zum Teil so groß wie Kontinente.

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6 Kommentare

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  • F
    fair-fish

    Von wegen "sofern alle diese Fische mit dem blauen Siegel des Marine Stewardship Council (MSC) versehen sind, das eine nachhaltige Fischerei garantiert" - Tatsache ist, dass unter diesem WWF-Label auch Fische aus überfischten Beständen vermarktet werden (Hoki, Alaska-Seelachs) sowie Fische, welche mit sehr umweltschädlichen Methoden gefangen wurden (Grundschleppnetz). Schade, dass da wieder mal faule Kompromisse gemacht werden! Mehr zum Thema: http://www.fair-fish.ch/wissen/nachhaltig

  • V
    vevablue

    interessanter Artikel, wünschenwert wäre noch ein Link zum Einkaufsführer Fische & Meeresfrüchte des WWF:

     

    http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/Fischratgeber_2009_web.pdf

  • Q
    quatsch

    @spital8katz

     

    es ist nicht nötig die nahrungsaufnahme vollkommen einzustellen.

     

    Es vollkommen aus, sich vegan zu ernähren.

    Und wenn man dann noch zu bio-produkten greift kann man fast nichts mehr falsch machen.

     

    natürlich am besten noch produkte aus der region, aber das war es dann auch schon.

     

    Ganz einfach, und vegane kochbücher und rezepte im internet gibt es wahrlich genug

  • V
    vic

    Es gibt, unter anderen, einen Einkaufsratgeber "Fischführer" von und bei Greenpeace. Hilfreich!

  • E
    emil

    @ spital&katz: Naja, bei vielen Leuten hätte ich nichts dagegen, zumindest besser würde dann die Welt ein bisschen. Auch mindestens bei Schlangen, die lebendig Kaninchen verdauen, ohne sie vorher gut zu betäuben (nur zu lähmen, was evtl. nicht denselben Effekt hat), hätte ich nicht allzu gar viel dagegen, wenn sie alle beschließen auszusterben - ja ich höre schon die Kreislaufgläubigen! Seid beruhigt, es würden neue Kreisläufe entstehen - obwohl ich zugebe, damit sollte mensch vorsichtig sein, denn das ist komplex und Eingriffe tatsächlich oft mit Wirkungen, die vorher menschlich schwer absehbar waren.

     

    @artikel ist gut und erst heute stand ich vor einem Sonderangebot mit angeblichen "Wildlachs" auf dem nur hergestellt in Deutschland als Herkunftsnachweis stand, aber sicher nicht, weil der Lachs in deutschen Flüssen gefangen wurde, sondern in einer deutschen Fabrik mit irgendwas noch überzogen oder sonst verarbeitet u. verpackt wurde. Vielleicht kam er aus einer dieser Farmen in Chile, wo direkt in das Fjordwasser (die Becken sind völlig durchlässig für solche Stoffe) Antibiotika und andere Gifte eingeleitet werden. Das führt bekanntlich - unter anderem - dazu, dass immer mehr antibiotikaresistente Schälinge entstehen (weil die anderen aussterben und die zufällig durch Mutation etc. resistenten sich umso leichter vermehren können). Dazu auch Gifte gegen Algenbewuchs, um die Käfige sauber zu halten. Auch das geht einfach in die Gewässer dieser wunderbaren Fjorde. Ein Verbrechen! Es sollte überhaupt nur Bio-Lachs und andere Fische mit Bio-Siegel erlaubt sein!

     

    und überhaupt kann mensch sich auch fast vegan sehr schmackhaft und gesund ernähren, mit sehr viel weniger tierischer Nahrung, als dem heutigen Durchschnitt in sog. Industrieländern (die Gewürze sind ja meistens entscheidend für den Geschmack und 1 bis 2x wöchentlich eine Bio-Forelle oder dergleichen wäre recht unproblematisch für Artenvielfalt etc.

     

    Tierschutz/Tierrechte ist/sind freilich noch eine weiter gehende Frage ...).

  • S
    spital8katz

    Am besten jegliche Nahrungsaufnahme einstellen.

     

    Dann wird endlich alles gut auf dieser Welt.