WOLFGANG METZNER, GRÜNE ARMEE FRAKTION : In die Reporterkiste gegriffen
Das Marketing mancher Verlage hat dem Regionalkrimi zu einiger Verbreitung verholfen – und zu einem zweifelhaften Ruf. Sind Regionalkrimis wirklich so provinziell? Das will diese Serie in loser Folge ergründen.
Es beginnt mit einem Mord im Wald und endet bei der großen Verschwörung auf höchster politischer Ebene. Ein Mitarbeiter des Forschungsreaktors Geesthacht geht auf seine übliche Joggingrunde, wird brutal überfallen, stirbt. Der Hamburger Reporter Jonas Mondrian bekommt ein Schreiben der „Grüne Armee Fraktion“ (GAF) zugespielt. Diese bekennt, dass „diese Aktion nicht die letzte gegen die Killer unseres Planeten“ war und dass sie „von der RAF gelernt haben“. Wenig später rast ein ICE in einem Tunnel bei Fulda in einen Haufen Baumstämme, entgleist, zig Menschen kommen ums Leben.
Mondrian macht sich daran, die Hintergründe der GAF zu recherchieren und landet schnell bei ein paar bunt zusammengewürfelten Aktivisten vom Kiffer über das verliebte Naivchen bis zur schönen Anführerin im Hamburger Schanzenviertel. Aber warum sollte sich eine Gruppe, deren Kragenweite sonst eher das Ausbuddeln von Gen-Kartoffeln auf Mecklenburger Äckern ist, auf einmal derart radikalisieren?
In Wolfgang Metzners „Grüne Armee Fraktion“ geht es um eben diese Fragen: Wie weit kann einen die eigene Überzeugung treiben? Wie groß ist der Schritt vom friedlichen Protest gegen Castortransporte, für den Ausstieg aus der Atomenergie hin zu politisch motivierten Anschlägen? Die Idee, dass sich Aktivisten eben nicht mehr nur mit Transparente malen, Sitzblockaden oder Schottern zufrieden geben und zu radikaleren Methoden greifen, ist ja nicht abwegig. Als langjähriger Reporter des Stern weiß er auch, wie man Geschichten erzählt.
Selbst, wenn es in „Grüne Armee Fraktion“ mal scheinbar absurd wird, als sich beispielsweise ein festgenommener Aktivist in Untersuchungshaft auf seiner Matratze selbst angezündet haben soll und stirbt – dann ist das eben nur scheinbar absurd: Es gab ja den Fall des Asylbewerbers Oury Jallo, der an Händen und Füßen gefesselt bei lebendigem Leibe in einer Polizeizelle verbrannte.
Für seinen Krimi hat Metzner einmal in die Reporterkiste gegriffen und rausgeholt, was an Irrsinnigkeiten in den vergangenen Jahren rauszuholen war. Und dann alles so komponiert, dass am Ende eine durchaus lesenswert schlüssige Geschichte über grünen Terror herauskommt. Aber eben auch nicht mehr als das: Inszeniert ist das alles ein wenig zu perfekt nach Schema F – inklusive der obligatorischen Verfolgungsjagd mit Beinahe-Tod am Ende. ILKA KREUTZTRÄGER
Wolfgang Metzner: Grüne Armee Fraktion, Hermann-Josef Emons Verlag 2011, 269 S., 10,90 Euro
Wolfgang Metzner liest zusammen mit Hannes Nygaard („Tod im Koog“) und Dietmar Lykk („Totenschleuse“) beim Hamburger Krimifestival: 5. November, Kampnagel