WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Helden haben Konjunktur. Nicht dass es wirklich noch welche geben würde. Trotzdem geistert das Wort durch den Sprachgebrauch und wurde jetzt von den Trendscouts des Theaterdiscounters in der Monbijoustraße aufgeschnappt. Dort geht man ab morgen mit „Helden!“ der Heldenfrage etwas genauer nach, beziehungsweise dem, was Frauen sich darunter vorstellen. Neun Regisseurinnen präsentieren neun Frauenfantasiehelden: vom Helden im Bett bis zum Helden der Schlacht – und zwar unter Verwendung von Texten von Homer bis David Foster Wallace. Wir sind sehr gespannt! Definitiv kein Held war Mario, der plötzlich an Herzversagen gestorben ist. Auf seinem Totenbett ist er umringt von einer grotesken Trauergesellschaft. Dann kommt Carmen, seine Frau, die jetzt seine Witwe ist. Und Carmen rechnet ab, fünf Stunden lang. Sie redet von Enttäuschungen und Träumen, von Spanien, Kommunisten und Monarchisten. Angesichts ihres toten Mannes kommt das Verdrängte ans Licht. In Carmens provokanter Totenrede im Orphtheater entwickelt sich auch das Gesellschaftsbild des faschistischen Spaniens der 60er-Jahre. „Fünf Stunden mit Mario“ entstand nach einem Roman von Miguel Delibes. Im Theaterhaus Mitte präsentiert das Europäische Theaterinstitut eine Adaption von Jean Genets Klassiker „Die Zofen“. Im BKA-Theater ist der neue Abend des Chanson-Duos Schneewittchen zu sehen und zu hören: „Das Messer in der Brust“. Morbidezza vom Feinsten! Die Galerie Goetheberlin in der Kastanienallee ist offen für Kunst aller Sparten. In der Reihe „Der Wunde Punkt“ widmet sich ein theatralisches Symposion mit dem schönen Titel „Keilbein und Lacklippen“ psychosomatischer Verweigerung in Form einer Diätenperformance. Am Samstag ist mit „Sitzplatz einer Gestörten“ der Wunde Punkt Nummer 20 dran.