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Archiv-Artikel

WM gucken mit … schwedischen Amerikanern in Hamburg

„Im Herzen Deutschlands Fußball schauen - im Biergarten“. Hätte so das Motto des Hofbräu an der Alster gelautet, wären sie vielleicht gekommen, die erwarteten 60 bis 70 amerikanischen Fans. Alternativen – vom Fan-Fest abgesehen – gab es schließlich nicht, überall zeigte man die Squadra Azzurra. „Auf ins Hofbräuhaus“ verkündete darum das amerikanische Generalkonsulat. In der großen Halle stehen Maibäume, mit Kränzen geschmückt, an denen weiß- blaue Bändchen baumeln. Von der Decke hängen Plastikflaschen der Marke „Kleiner Keiler“. Der Kellner trägt Lederhosen. Amerikaner aber sind keine zu sehen.

Kurz vor dem Anpfiff, endlich: Eine junge Frau mit hochhackigen Schuhen, eng anliegender Hose, blondem wallenden Haar tritt mit einer Alsterhaustüte an den Tresen und fragt in mustergültigem Englisch, ob hier das Spiel der USA übertragen würde, setzt sich und hat den plötzlich gut gelaunten Barkeeper vorerst in ein Gespräch verwickelt. Und mit den Anpfiff treten drei weitere Fans in den Saal und werfen sich auf die nächst beste Bierbank. Aus ihren Rucksäcken hängen allerdings keine Sternenbanner, sondern schwedische Flaggen. Sie hätten schon mal umdisponiert, für den weiteren Verlauf des Turniers. Dass die USA weiterkommen, damit sei ja kaum noch zu rechnen. Und jetzt käme es ihnen endlich zugute, dass sie schwedische Vorfahren haben, wenn auch drei Generationen zurück, erklärt Phil, der jüngste der drei Brüder. Schön, wie der Patriotismus der Amerikaner durch ihren gesunden Pragmatismus bisweilen neutralisiert wird.

Als in der 22. Minute das 1:0 für Ghana fällt, regt sich nichts. Kein Aufschrei des Entsetzens, kein brustschweres Stöhnen. Nur nach ihren Bierkrügen greifen die Brüder. Auch wenn solche Krüge nicht dasselbe sind wie die kühle Dose „Bud“ im heimischen Kühlschrank, besser als ein Plastikbecher auf dem Fan-Fest sind sie allemal. Dann die 43. Minute. Eine Flanke von links und plötzlich ist der Ball im Tor, 1:1. Wieder keine Reaktion. Phil schaut langsam aus der Speisekarte auf. Endlich beginnt die Frau an der Theke zu klatschen. Drei Minuten später führen die Ghanaer allerdings wieder, durch einen unberechtigten Elfmeter. Wir hätten es auch sonst nicht geschafft, meint Phil in der zweiten Halbzeit. Die drei gehen in den hinteren Teil des Lokals. Dort läuft Spannenderes: Italien – Tschechien. Auch die Frau an der Bar ist nicht mehr beim Spiel. Sie hat sich einem älteren Herren zugewendet. Ihrem Onkel, ist anzunehmen. Maximilian Probst