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WM-Gruppengegner GhanaFamiliär gegen den Tod

Die taz beleuchtet die Mannschaften der deutschen WM-Gruppe. Heute: Ghana, wo ausgerechnet Kevin-Prince Boateng für den verletzten Michael Essien glänzen soll

Michael Essien spielt in gesunder Verfassung durchaus für drei. Bild: dpa

ACCRA taz | In Bars, Sportkneipen, Büros und auf den Märkten der ghanaischen Hauptstadt gibt es kaum noch ein anderes Thema als den WM-Ausfall des Mittelfeldspielers Michael Essien. Der Star des Nationalteams hat eine Knieverletzung und Ärzte seines Clubs Chelsea und des ghanaischen Nationalteams befanden, eine Teilnahme an der WM würde diese nur verschlimmern. Auf allen Radiokanälen wurde der Ausfall zu Hauptsendezeiten diskutiert und die Konsequenzen für Ghanas Chancen in der von vielen als "Todesgruppe" bezeichneten Gruppe D ausgelotet.

An guten Tagen kann Essien für drei Spieler spielen, er ist auf vielen Positionen einsetzbar. Der Präsident des ghanaischen Fußballverbands, Kwesi Nyantakyi, bedauerte Essiens Ausfall, betonte aber, dass das Team auch ohne ihn in der Lage sein werde, gegen alle Gegner aus der Gruppe D stark aufzutreten. "Es ist sehr unglücklich und enttäuschend, dass Essien nicht dabei sein wird, aber wie es aussieht, kann seine Verletzung nicht rechtzeitig heilen, und es gibt nichts, was wir dafür jetzt tun könnten", sagte Nyantakyi gegenüber Journalisten.

Ohne Zweifel wird Essiens Ausfall den serbischen Trainer der Black Stars, Milovan Rajevac, zwingen, seine Taktik zu ändern. Aus dem Trainingslager der Mannschaft in Frankreich war zu vernehmen, dass Kevin-Prince Boateng, der Michael Ballacks Ausscheiden aus dem DFB-Team verursachte und für die WM seine deutsche gegen die ghanaische Staatsangehörigkeit austauschte, Essiens zentrale Rolle in der Mannschaft übernehmen soll.

Der ghanaische Fußballverband überschüttete Boateng mit Lob dafür, sich im Trainingslager in Paris schnell der ghanaischen Spielweise angepasst zu haben. "Er hat sich perfekt in das Team eingefügt, seine Kollegen haben ihn als Bruder aufgenommen und akzeptiert, dass sie eine Familie sind und alle zusammengehören", sagte Fred Pappoe, Vizepräsident des ghanaischen Fußballverbands.

Im vorletzten Testspiel vor der WM gegen die Niederlande durfte Boateng indes noch nicht sein Debüt im ghanaischen Team geben. Die westafrikanische Mannschaft musste in Rotterdam eine 1:4-Niederlage einstecken. Die Bundesligaprofis Hans Sarpei (Leverkusen) und Isaac Vorsah (Hoffenheim) waren mit dabei, und in der zweiten Halbzeit kam der Hoffenheimer Prince Tagoe aufs Feld. Den Treffer für Ghana erzielte Asamoah Gyan in der 78. Spielminute. Mehr als ein Ehrentreffer war das nicht. Boateng soll nun am Samstag im letzten Testpiel gegen Lettland seine Länderspielpremiere feiern.

In der Zwischenzeit hat Ghanas Präsident seinen Ministern und anderen Regierungsmitgliedern untersagt, zur WM nach Südafrika zu fahren. John Martey Newman, Stabschef von Präsident John Atta Mills, sagte, die Anordnung sei ausgesprochen worden, um die Regierungsgeschäfte während des Turniers nicht zu unterbrechen. Mills selber wird schon nach Südafrika reisen. Er will sich am 13. Juni das erste WM-Spiel der ghanaischen Mannschaft gegen Serbien persönlich ansehen.

Im dritten Gruppenspiel treffen die Ghanaer auf Deutschland. Nicht auszuschließen, dass Jerome, der Halbbruder von Kevin-Prince, dann im deutschen Team spielt. Die Verwandten könnten sich auf dem Platz treffen. Ein einziges Mal sind bislang zwei Brüder in einem internationalen Spiel gegeneinander angetreten - beinahe zumindest. Im Februar 2008 stand Torhüter Steve Mandana in der Aufstellung von Olympique Marseille, als ein Freundschaftsspiel gegen das Nationalteam Kongos, in dem sein Bruder Parfait spielte, angepfiffen wurde. Aber Steve war bereits ausgewechselt, bevor sein Bruder Parfait in der zweiten Halbzeit das Spielfeld betrat. Es könnte also, was Nationalmannschaften betrifft, zu einer echten Premiere kommen. Nicht nur deshalb fiebert man in Ghana und ganz Afrika dem Spiel der Black Stars gegen Deutschland entgegen.

Übersetzung: Frauke Böger

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4 Kommentare

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  • P
    Phil

    Nicht zu vergessen sind Nigeria und Kamerun!

     

    Ich glaube allerdings, dass afrikanische Teams noch auf lange Zeit hin sich mit europäischen und südamerikanischen Teams nicht wirklich messen werden können.

    Die Ausbildung und Qualität der Ligen sind Lichtjahre hinterher!

     

    Gruüße aus Johannesburg!

  • J
    Jan

    Sehr guter Artikel. Alle die hierzulande den Ausfall von Ballack als Weltuntergang sehen sollten den mal lesen. Essien ist Ballack fussballerisch und physisch in allen Bereichen weit überlegen, soweit ich das beurteilen kann Charakterlich wohl auch.

     

    Auf der anderen Seite kann der Ausfall für Ghana auch gut sein, denn eine Mannschaft deren Hauptakteur nicht aufläuft kann Aufgaben verteilen, ich gehe davon aus dass auch Deutschland als erste taktische Maßnahme Essien aus dem Spiel nehmen wollte. Wenn seine Aufgaben jetzt verteilt auf andere Spieler sind wird es sehr viel schwerer gegen Ghana zu bestehen. Ein anderes taktischen Konzept auszuarbeiten traue ich dem Bundestrainer nicht zu, wir werden sehen.

     

    Wenn es allein um die Physis und Technik geht wären die Afrikanischen Mannschaften den Europäischen weit überlegen (wer gewinnt denn meist sämtliche wichtige Leichtathletik Turniere? Fast ausschließlich Athleten aus Afrika) wenn nun auch noch die Taktik von jungen Jahren an geschult wird und auf europäisches Niveau gebracht wird kommen die zukünftig dominierenden Nationalmannschaften ganz klar aus Afrika.

     

    Frei mich auf die WM, trotz FIFA und weissen Elefanten.

  • 2
    2010sdafrika

    Da es sich um eine afrikanische WM handelt, möchte ich den Artikel dahingehend ergänzen und die Fragestellung aufstellen, wie weit die Afrikaner eigentlich kommen können; also Südafrika als Gastgeber, sowie Ghana, Elfenbeinküste und Algerien?

     

    Keiner kann so wirklich eine Vorhersage treffen. Nicht desto trotz kann man spekulieren. Hierbei möchte ich an einer Umfrage hinweisen mit der Fragestellung, wer Weltmeister wird?

     

    Die Umfrage ist im Südafrika-Portal abrufbar. Viel Spaß beim Mitmachen:

    http://2010sdafrika.wordpress.com/umfrage/

  • R
    Rittersport

    Hoffentlich wird es gegen Ghana ein gutes und faires Spiel. Aber ich persoenlich kann es Kevin-Prince nicht verzeihen, dass er Ballack schwer verletzt hat. Auch wenn das Team viele gute Spieler im Mittelfeld hat: Ballack und seine Zuckerpaesse werden fehlen.

    Am liebsten wuerde ich Kevin-Prince nicht auf dem Spielfeld sehen - und sollte er gegen Serbien oder Australien verletzt ausscheiden, ist mir das auch recht.

    Er ist - international gesehen - sowieso nur ein mittelmaessiger Spieler.