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Archiv-Artikel

WICHTIGER ALS DIE NEBENVERDIENSTE SIND DIE AUFSICHTSRATSPOSTEN Die Politikermanager

Abgeordnete sind Banker, Ärzte und Rechtsanwälte, bevor sie ins Parlament kommen – und oft auch, nachdem sie aus dem Parlament wieder ausscheiden. Damit der Übergang leichter fällt, bleiben Parlamentarier in der Parlamentszeit ihrer Bank und ihrer Praxis meist verbunden. Dagegen hat auch kaum jemand etwas.

Der Aufruhr um die „Nebeneinkünfte“ macht sich nicht am ursprünglichen Beruf der Politiker fest, sondern an der Frage, ob Politiker von BASF dafür bezahlt werden, dass Umweltrichtlinien aufgeweicht werden. Oder von VW dafür, dass mehr Straßen gebaut werden. Oder von Siemens dafür, dass das China-Geschäft reibungslos läuft.

Zur Klärung dieser Frage sind die gelernten Berufe der Abgeordneten nicht so wichtig. Sicher, 100 Politiker auf der Gehaltsliste von Volkswagen sind beachtlich. Aber hat irgendjemand je in Frage gestellt, dass niedersächsische Politiker ohnehin alles tun, was Volkswagen verlangt? Viel interessanter sind doch die vielen Beirats-, Verwaltungs- und Aufsichtsratsposten, die ein aktiver Politiker im Laufe seiner Karriere einsammelt. Das sind Ämter, die er bekommt, weil er für die Wirtschaft nützlich ist. Und mag er auch im Aufsichtsrat ernst- und ehrenhafte Kontrolle über ein Unternehmen ausüben – sicherlich lernt er hierbei genug, um als Berater anderer Firmen daraus Profit zu schlagen. Spätestens aber, wenn ein Politiker „Beraterverträge“ abschließt, ist er kein Volksvertreter mehr.

In der Medizin ist es mittlerweile üblich, Verbindungen zur Industrie kenntlich zu machen: Spricht ein Arzt auf einem Kongress über den Segen eines Herzmittels, weiß das Publikum, ob er von Pfizer oder von Merck gesponsert wird. Hübsch wäre daher, wenn etwa bei „Sabine Christiansen“ zu jedem Politiker eingeblendet würde, für wen er arbeitet. Bei manchem CDU-Gesundheitsexperten etwa stünde dann dort: Berät die Allianz und die Barmenia – spricht also für die Privatversicherungen. Dann weiß das Publikum, mit wem man es zu tun hat. Und dann dürften all diese Leute auch so viel Geld verdienen wie echte Topmanager. Denn nichts anderes sind sie ja. ULRIKE WINKELMANN