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WESTAFRIKA: OB AUFSTIEG ODER UNTERGANG – DIE POLITIKER ENTSCHEIDENMutwillige Landesbeschädigung

Der Kontrast könnte größer kaum sein. Während am Sonntagabend die Bewohner des westafrikanischen Ghana auf den Straßen tanzten und den ersten gelungenen demokratischen Machtwechsel in ihrem Land in 42 Jahren Unabhängigkeit feierten, erlebte die benachbarte Elfenbeinküste eine Nacht voller Gewalt und Angst. Es war der siebte Umsturzversuch in wenig mehr als einem Jahr. Jahrzehntelang war die Elfenbeinküste ein Hort der Stabilität in Westafrika, während Ghana nicht aus seinem Teufelskreis von Putsch und Diktatur herausfand. So schnell können sich die Zeiten ändern.

Es ist völlig egal, wer hinter dem gestern niedergeschlagenen Putschversuch in der Elfenbeinküste steckt. Deutlich wird, dass in diesem so lange friedlichen Land politische Machtkämpfe nur noch mit Gewalt ausgetragen werden. In den elf Jahren, seit das Mehrparteiensystem eingeführt wurde, hat die Elfenbeinküste zwar zwei Parlamentswahlen und drei Präsidentschaftswahlen erlebt – aber kein einziges Mal gab es einen wirklich fairen Wahlkampf, bei dem sich alle Kräfte zur Wahl stellen konnten. Und je mehr die formale Demokratie von den Politikern diskreditiert wurde, desto mehr haben sich völkischer Hass und die Bereitschaft zum Töten ausgebreitet und jetzt ein Ausmaß erreicht, das an Ruanda in den Jahren vor dem Genozid erinnert.

Auch in Ghana wurde während der Wahlendes vergangenen Monats versucht, die ethnische Karte zu spielen. Aber letztendlich setzte sich der Wunsch durch, die unter harten Bedingungen erreichte politische Stabilität nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Während die Elfenbeinküste sich über der Frage zerfleischte, ob Oppositionsführer Alassane Ouattara möglicherweise Vorfahren aus dem Nachbarland Burkina Faso hat – aus einer Zeit, als weder Burkina Faso noch die Elfenbeinküste existierten – und damit keinen Platz in der Landespolitik verdient, störte es in Ghana niemanden, dass der Vater des jetzt abtretenden Präsidenten Jerry Rawlings ein Schotte war.

Man muss nicht lange raten, um zu wissen, welches der beiden Länder in den nächsten Jahren weltoffener und erfolgreicher sein wird. Aber die Menschen wissen auch, dass sie vor allem einfach Glück gehabt haben. Objektiv gesehen haben Ghana und die Elfenbeinküste ähnlich gute Bedingungen, sich wirtschaftlich zu erholen. Maßgeblich aber sind die Unterschiede zwischen den politischen Führungsschichten der beiden Länder. Mögen Kriege, Seuchen und unfaire weltwirtschaftliche Bedingungen noch so viel Unheil in Afrika anrichten – an allererster Stelle sind es die Politiker, die über Aufstieg oder Untergang ihrer Länder entscheiden. DOMINIC JOHNSON

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