WEISSRUSSLANDS LUKASCHENKO IST FÜR PUTIN NUR NOCH LÄSTIG: Schlecht fürs Image
Zwar leidet Weißrusslands autoritärer Staatschef Alexander Lukaschenko häufig unter Realitätsverlust – dennoch dürfte ihn die Abfuhr aus Moskau nicht wirklich überrascht haben. Schließlich hat Präsident Wladimir Putin, wenngleich in ungewohnter Eindeutigkeit, nur die Fakten referiert. Und die lauten: Die Union, bereits bei ihrer feierlichen Gründung im Mai 1997 eine Totgeburt, war und ist für Moskau unattraktiv.
Wirtschaftlich ist der Zehn-Millionen-Einwohner-Staat, in dem Lukaschenkos Staatsmacht bislang grundlegende Reformen erfolgreich sabotiert hat, für Russland ein Klotz am Bein und ein Zuschussgeschäft. Tief greifende Änderungen sind auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Auch politisch ist mit Lukaschenko kein Staat zu machen. Seinem Kurs brav und treu folgend, manövriert sich der weißrussische Diktator, für den Menschenrechte ein Fremdwort sind, immer weiter ins außenpolitische Abseits. Lediglich zu Ländern wie Irak, Syrien, Libyen und Kuba unterhält das Land noch gute Beziehungen.
Das war zwar auch vorher nicht anders, doch haben sich seit dem 11. September 2001 die weltpolitischen Koordinaten erheblich verschoben. Putin steht Schulter an Schulter mit den USA im Anti-Terror-Kampf und erhält dafür Rückendeckung für sein mörderisches Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien. Auch die kürzlich verabschiedete Nato-Russland-Akte deutet auf eine Annäherung mit dem Westen hin. Da schadet ein Partner dem neuen Image, der gerade dabei ist, die OSZE-Mission in Minsk regelrecht auszuhungern, und sich in antiwestlicher Rhetorik ergeht.
Die gelbe Karte aus Moskau, die Lukaschenkos Ambitionen einen Riegel vorschiebt, bringt Weißrusslands Staatschef unter Zugzwang. Denn einen Großteil seiner Popularität verdankt er der von ihm propagierten Vision einer neuen Sowjetunion en miniature. Damit dürfte es jetzt, zumindest zu Minsker Bedingungen, erst einmal vorbei sein. Lukaschenko ist jetzt am Zug. Knallharte Rhetorik gegenüber Moskau wird da allein wohl kaum weiterhelfen. BARBARA OERTEL
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