WAS TERRORISMUS IST, WIRD DIE BUNDESREGIERUNG ENTSCHEIDEN: Krieg gegen das undefinierte Etwas
Seit mehr als sieben Monaten vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein internationales oder nationales Gremium über mehr oder minder sinnvolle Maßnahmen gegen den „Terrorismus“ verhandelt. Eine einigermaßen brauchbare Definition für ebenjenes zu bekämpfende Etwas existiert dennoch nicht. Das hat auch die Bundesregierung nicht daran gehindert, ihm den Krieg zu erklären. Doch während das KSK und die Bundesmarine sich weiter an ebenjenem so genannten Anti-Terror-Kampf beteiligen, muss die rot-grüne Koalition bei der Neuformulierung des Strafrechtsparagrafen 129 b eingestehen, dass sie gar nicht so recht weiß, was denn die zu bekriegenden terroristischen Vereinigungen eigentlich ausmacht. Deshalb soll künftig die jeweilige Bundesregierung darüber entscheiden, ob eine ausländische Organisation als terroristisch anzusehen ist oder nicht.
Diese Entscheidung der Exekutive zu überlassen ist nicht nur rechtsstaatlich bedenklich. Sie wird die Bundesregierung künftig auch mehr außenpolitischem Druck aussetzen. Jede autoritäre Regierung, die eine lästige Oppositionsgruppe schwächen will, wird die Bundesregierung künftig bitten können, die Gruppierungen ihrer Wahl auf die schwarze Liste zu setzen. Und natürlich wird die US-Regierung stets darauf drängen, die eigene Liste zu übernehmen – und die ist vor allem abhängig davon, mit welchen bewaffneten Gruppen der US-Geheimdienst gerade zusammenarbeitet.
Die Suche nach einer Definition von „Terrorismus“ zeigt nicht nur ein juristisches und politisches, sondern auch ein grundsätzliches Problem: dass die Welt nicht aus Gut und Böse besteht. Genau dies war und ist aber die Grundlage des von der US-Regierung erklärten „Kriegs gegen den Terror“. Wenn die Bundesregierung monatelang behauptet, Terrorismus sei nur mit kriegerischen Mitteln zu bekämpfen, dann sollte sie jetzt sagen können, was damit gemeint ist und erreicht werden soll. Denn es ist längst nicht klar, warum und wie lange der Krieg gegen dieses offenbar undefinierte oder gar undefinierbare Etwas noch geführt werden soll. ERIC CHAUVISTRÉ
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