WAS MACHT EIGENTLICH ... der Alkohol? : Dem Operateur das Leben schwer
Die Sprüche sind altbekannt: dass ein Gläschen Rotwein proTag das Infarktrisiko mindert. Dass es keinen Grund gibt, weniger zu trinken – die Blutwerte waren doch beim letzten Mal einwandfrei. Dass man kein Problem mit Alkohol hat, sondern, haha, ein Problem ohne Alkohol. Die Charité hat nun Ergebnisse einer Studie präsentiert, die belegen, wie gefährlich stetiger Alkoholkonsum sein kann – in einem für Laien eher überraschenden Zusammenhang.
Laut Claudia Spies, Direktorin der Charité-Klinik für Anästhesiologie, betreibt jeder sechste Patient, der in der Universitätsmedizin operiert wird, Alkoholmissbrauch. „Das geht durch alle Gesellschaftsschichten“, so Spies gestern. Das Problem dabei: Menschen, die viel und regelmäßig trinken, haben nach Operationen ein höheres Infektionsrisiko.
Die Komplikationen entstehen laut Spies durch den veränderten Hormonhaushalt von Alkoholikern. Bei Stress schüttet ihr Körper verstärkt das Stresshormon Cortisol aus – und dieses schwächt das Immunsystem. In den ersten Tagen nach einer Operation – physiologisch betrachtet Megastress für den Körper – kann das üble Folgen haben: Blutungen, Herzrhythmus- oder Wundheilungsstörungen. Ein Risiko, dass sich medikamentös senken lässt – wenn man denn vom Alkoholmissbrauch weiß.
Allerdings hätten viele Ärzte Angst, ihre Patienten nach deren Bier- oder Weinkonsum zu fragen, weiß Spies. Immerhin handelt es sich bei den Betroffenen nicht nur um den Penner mit der Schnapsfahne, sondern auch um Menschen, die, wie man so sagt, mitten im Leben stehen, aber sich allabendlich eine Flasche Wein oder mehrere Gläser Bier zuführen. Und das – siehe oben – gilt landläufig gar nicht als Missbrauch. CLP FOTO: ARCHIV