WAS MACHT EIGENTLICH ... Wolfgang Templin? : Polnischer Kavalier werden
Kurz nach der Wende seufzte der Ostberliner Publizist Christoph Dieckmann: „Jetzt werden wir alle so verschieden, wie wir sind.“ Das galt auch und gerade für die DDR-Bürgerrechtler. Bärbel Bohley ließ sich bald mit Helmut Kohl fotografieren, Matthias Platzeck wurde SPD-Ministerpräsident, andere suchten Anschluss bei jener Partei, die noch immer „Nachfolgepartei der SED“ genannt wurde. Wolfgang Templin aber ist seinem Thema treu geblieben – und deshalb bekommt er heute auch den polnischen Kavalierorden verliehen, eine Art Bundesverdienstkreuz in Weiß-Rot.
Es ist vor allem die Verbindung von DDR-Opposition zur Gewerkschaft Solidarność und ihren Vorläufern, die da ausgezeichnet wird. 1976 ging Templin nach Warschau, lernte Polnisch, bekam Kontakt zu Oppositionellen. Der Aufbruch in Polen wurde Vorbild auch für jene, die sich eine andere DDR wünschten.
Auch heute, da Demokratie und Marktwirtschaft Diktatur und Fünfjahrespläne abgelöst haben, ist die Verbindung geblieben. Polens Botschafter Marek Prawda, der Templin den Orden umhängen wird, erzählte kürzlich, dass es ein Fehler war, zu schnell einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen. Da kann Templin nur zustimmen. Er arbeitet auf einer halben Stelle in der Birthlerbehörde.
Den Rest der Zeit verbringt er in Polen und der Ukraine. Was ihn neben der Versöhnung unmtreibt, ist das Thema soziale Gerechtigkeit. Denn ohne die, sagt er, gibt es keine Demokratie. Das klingt altmodisch. Aber so sind sie, die Kavaliere. WERA
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