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WARUM DAS BESTEHEN RECHTER SZENEN OFT GELEUGNET WIRDVon Schlägern und Ideologen

Foto: Jungsfoto: dpa

Nach Anschlägen auf Unterkünfte für Flüchtlinge oder nach Übergriffen auf linksalternative Jugendliche fallen immer wieder Sätze wie dieser hier: „Nein, eine rechtsextreme Szene haben wir hier nicht.“ BürgermeisterInnen und auch GemeindevertreterInnen kleiner Orte streiten auf diese Weise seit Jahren bestehende Verhältnisse ab. Gestützt wird ihre Aussage oft von der örtlichen Polizei, die ihrerseits nicht selten das Bestehen rechter Szenen abstreitet.

„Dass rechtsextreme Gewalt aus dem Nichts kommt, ist zwar ein weitverbreiteter Glaube, in der Realität ist das allerdings nicht so“, sagt Samuel Salzborn, Professor am Institut für Politikwissenschaften der Universität Göttingen. Wer behaupte, von einer solch rechten Szene in seinem Ort nichts gewusst zu haben, sage zumeist nicht die Wahrheit. Richtiger müsste es eigentlich heißen: „Man wollte es nicht wissen, hat weggeschaut oder weggehört“, sagt Salzborn.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Dieses Leugnen rechter Szenen zeigt aber nicht bloß den politischen Unwillen, sich mit den Rechtsextremen auseinanderzusetzen. Hier spiegelt sich auch ganz deutlich eine Verunsicherung darüber wider, wann eine rechte Szene überhaupt eine rechte Szene ist und was sie ausmacht.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 gründeten Ewiggestrige und Altnazis in Deutschland schnell neue Vereine, Parteien und auch Religionsgemeinschaften. Es dauerte aber bis in die 90er-Jahre, bis sich aus dem Umfeld der rechten Skinheads langsam rechte Jugendcliquen entwickelten. Michael Kohlstruck vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin spricht von einem „Doppelcharakter“ dieser Jugendkultur. In der rechten Szene lagerten die allgemeinen Dynamiken von Jugendkulturen und politisch rechte Strategien gewissermaßen übereinander. Die Mitglieder reichten vom „einfachen Schläger bis zum geschulten Ideologen“, sagt Kohlstruck.

„Man wollte es nicht wissen und hat weggeschaut“

Samuel Salzborn, Uni Göttingen

„Diese Szenen können sich ganz unterschiedlich darstellen“, erklärt auch Salzborn: „Mal sind es vor Ort aktive Gruppierungen, mal agieren die Rechtsextremen auch nur in alltäglichen Vereinen und Verbänden, verfügen aber über ein – so klein es auch sein mag – Netzwerk an Gleichgesinnten.“ Heute spielt außerdem der Austausch in sozialen Netzwerken eine immer größere Rolle. Eine rechte Szene ist also ein dynamisch fluides Phänomen. Allein mit Polizeistatistiken über Gewalt und Straftaten kann das Phänomen nicht erfasst werden.

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