WAHLEN IN KROATIEN: ES RUMORT NICHT NUR IM RECHTEN LAGER : Euroskeptiker formieren sich
Ganz überraschend ist das Wahlergebnis in Kroatien nicht. Die proeuropäische und demokratische Welle, die vor fünf Jahren den damals noch unabhängigen Kandidaten Stipe Mesić mit überwältigender Mehrheit ins Präsidentenamt trug, ist kleiner geworden. Dass der angesichts seines Witzes, Charmes und proeuropäischer Bestimmtheit immer noch populärste Politiker Kroatiens in die Stichwahl für das Amt des Präsidenten muss, ist ein Zeichen, das nicht ignoriert werden sollte.
Die blasse Jadranka Kosor von der HDZ ist keine ernsthafte Gegnerin. Zumal die Regierungspartei mit ihrem ebenfalls proeuropäischen Kurs in Distanz zu den eigenen Wählern geraten ist. Der Erfolg des rechten Nobodys Miksić deutet auf den Stimmungsumschwung im rechten Lager. Die Wähler der HDZ haben nämlich bei den letzten Parlamentswahlen vor einem Jahr nicht für eine Partei gestimmt, die alles nur fortsetzt, was die vorher regierende Mitte-links-Koalition angefangen hat.
Das rechte und konservative Lager in Kroatien möchte sich weder den Anforderungen durch das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag beugen noch alle Bedingungen der EU für die Aufnahme des Landes in die Gemeinschaft akzeptieren. Inzwischen stehen die EU-Kritiker nicht mehr allein. Die Landwirte fürchten die Konkurrenz aus dem Norden, viele Städter den Teuro-Euro. Und man hat in Kroatien gemerkt, wie rücksichtslos die EU auf die Öffnung des heimischen Marktes für ihre Produkte drängt, ohne allzu viel dafür zu geben.
Selbst im linksliberalen Spektrum melden sich angesichts ungleicher Standards kritische Stimmen. Wie konnte es Brüssel zulassen, dass italienische Minister während der EU-Präsidentschaft Berlusconis öffentlich die Annexion der kroatischen Hafenstadt Zadar gefordert haben? Warum werden bei der Integration von Minderheiten in der Slowakei und in den baltischen Ländern andere Maßstäbe angelegt als in Kroatien? Noch steht die proeuropäische Mehrheit in Kroatien. Doch es rumort nicht nur im rechten Lager. Mesić und die Regierung Sanader müssen überzeugende Antworten finden. ERICH RATHFELDER