: Vorzimmer gegen den Fall ins Nichts
■ Blick hinter die Kulissen des umstrittenen Wedemeier-Büros
Am Altenwall 15/16 hat, ohne daß dies durch Reklame-Schilde groß außen deutlich wird, die SPD-Fraktion ihr Domizil. „Gebrüder Kulenkampff“ steht in großen Lettern an dem Haus. Nebenan, Nummer 14, und direkt neben dem Honorarkonsulat vom Dschibuti, ist auch „Gebrüder Kulenkampff“. Hier soll das Büro des Alt-Bürgermeisters Klaus Wedemeier sein. Kein Schild weist an der Tür darauf hin, kein Hinweis auch auf der Tafel, die Orientierung über die Nutzung der Etagen gibt. Mitarbeiter, die im Hause angesprochen werden, versichern vehement: Abteilung des Rathauses, Senat - nein, nicht hier.
Sie irren. Im ersten Stock ist eine mit Scheckkarten-Schlitz gesicherte Tür. Kein Name, kein Schild - die Etage stand lange leer. Inzwischen ist sie vom Rathaus angemietet, hier soll das Büro des Alt-Bürgermeisters Wedemeier entstehen. Ein großer Empfangstresen steht direkt hinter der Tür, danach folgen drei repräsentative Büro-Räume mit Blick auf die Weser. Notdürftig die erste Einichtung - man sieht den Räumen den Leerstand noch an.
Elfriede Nordhold ist da, die Sekretärin Wedemeiers aus dem Rathaus. Sie möchte über das, was sie hier tun soll, nicht Auskunft geben. Außer ihr gehörte offenbar auch Sabine Wohlers zum engsten Umkreis des Bürgermeisters, den ein Nachfolger nicht übernehmen kann.
Was da angegeben wurde zur Begründung dieses Rest-Hofstaates, ist völliger Blödsinn. Die paar persönlichen Briefe beantworten, die noch an den alten Bürgermeister gehen, könnte auch jede andere Sekretärin, dafür bedürfte es keines eigenen Büros. Und wenn es um die verbleibenden Aufsichtsratsmandate Wedemeiers geht, wäre eventuell ein Fachreferent hilfreich, nicht aber zwei Vorzimmer-Damen. Wenn sich denn jemand irrigerweise Aufsichtsratsposten als solche vorstellen sollte, für die Fachkompetenz die Voraussetzung ist.
Es geht um etwas anderes. Kein Headhunter in der freien Wirtschaft wird sich über die Beigaben, die Wedemeier zum Abschied bekam, wundern. Es geht darum, daß große Manager einfach krank werden, wenn sie von einem Tag zum anderen ganz ohne dasitzen. Nur die engste Umgebung, die in gewohnter Weise weiter den leeren Terminkalender verwaltet und den Telefonhörer abnimmt, kann einem Manager den psychischen Fall ins Nichts ersparen. K.W./Foto: Joost
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