Vorwürfe von Ver.di: Arbeitgeber umgehen Pflegemindestlohn

Seit dem 1. August gilt in der Pflegebranche ein Mindestlohn - den versuchen Arbeitgeber nun zu drücken. Manche Beschäftigte arbeiteten vier Stunden täglich umsonst, sagt Ver.di.

Mit Tricks versuchen Arbeitgeber den Mindestlohn zu umgehen, sagt Ver.di. Bild: dpa

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat wenige Tage nach der Einführung des Mindestlohns in der Pflegebranche zum 1. August eine erste kritische Bilanz gezogen. "Die Arbeitgeber lassen nichts unversucht, um den Pflegemindestlohn zu umgehen", kritisierte Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke am Donnerstag in Berlin. Die Gewerkschaft hatte am Dienstag und Mittwoch für Pflegekräfte eine Hotline geschaltet. Laut Ver.di ist die Telefonberatung "sehr gut" in Anspruch genommen worden.

Seit 1. August gilt in der Pflegebranche für 520.000 von insgesamt 800.000 Beschäftigten der Mindestlohn von 8,50 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten. Im Januar 2012 und im Juli 2013 steigen die Sätze noch einmal auf insgesamt 8 und 9 Euro. Die Lohnuntergrenze gilt verbindlich für Pflegekräfte bei ambulanten Diensten, in teilstationären Einrichtungen und in stationären Heimen.

Nach Paschkes Darstellung versuchen Arbeitgeber mit "Tricks, den Mindestlohn faktisch zu drücken". So würden beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Schichtzulagen auf den Stundenlohn umgelegt, um ihn auf diese Weise zu erhöhen. Dies sei aber nach dem Mindestlohngesetz nicht erlaubt. Auch Zuschüsse für private Fahrzeuge, die dienstlich genutzt werden, würden den Angaben zufolge auf den Stundenlohn angerechnet. "Das ist unzulässig", sagte der Ver.di-Referent für Tarifpolitik, Jürgen Wörner, dem epd.

Außerdem würden manche Pflegeeinrichtungen die Wege zu den Patienten nicht mehr als Arbeitszeit anerkennen, sondern nur noch die beim Patienten verbrachte Zeit, erläuterte Wörner. "Das führt dazu, dass manche Beschäftigten 12 Stunden arbeiten, aber nur 8 Stunden Arbeit bezahlt bekommen. 4 Stunden sind sie von einem Patienten zum anderen quasi umsonst unterwegs, sagte Wörner zur taz.

Nach Wörners Angaben bezahlten bislang insbesondere private Pfleganbieter niedrige Löhne. Pflegekräfte, die nur 4,30 Euro Stundenlohn erhalten haben, bekommen nun beim Mindestlohn von 8,50 Euro im Westen 350 Euro mehr im Monat.

Wörner rät den Arbeitnehmern, ihre Lohnabrechnung Ende August genau zu prüfen. Vom 6. bis zum 8. September will die Dienstleistungsgewerkschaft erneut eine Telefonberatung anbieten. Gegen Arbeitgeber, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen, können Bußgelder bis zu 500.000 Euro verhängt werden.

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