piwik no script img

Vorwahlkampf der SPDKahrs kümmert sich um Köpenick

In Berlin will der Münte-Vertraute Wasserhövel Bundestagskandidat werden. Ein Konkurrent hat nun aufgegeben. Der Bundespolitiker Kahrs riet ihm: "Es macht keinen Sinn."

Münte-Mann Wasserhövel könnte sich am Freitag über die Nominierung freuen Bild: dpa

BERLIN taz Der SPD-Politiker Johannes Kahrs hat zurzeit eine Menge zu tun. Mit seiner Arbeit für den Bundestagswahlkreis Hamburg-Mitte. Sagt er. Mit Wahlkreisen, die ihn eigentlich nichts angehen. Sagen andere.

Kahrs ist Chef des konservativen Seeheimer Kreises der SPD. Neulich warfen ihm Parteilinke vor, er wildere in seiner Nachbarschaft Hamburg-Eimsbüttel: Er habe einen Juso unterstützt, der dem SPD-Linken Niels Annen die Bundestagskandidatur abjagte. Nun fällt Kahrs' Name erneut. Wieder nicht in Hamburg-Mitte, sondern im Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick. Dort soll Kahrs einen Kandidaten zum Rückzug bewogen haben, der gegen SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel antrat.

Wasserhövel leitet den Bundestagswahlkampf der SPD und ist der engste Vertraute des Parteichefs Franz Müntefering. Bisher sitzt er nicht im Bundestag. "Ich bin ein Fan von Kajo Wasserhövel", sagt Kahrs ohne Umschweife. Er bestreitet jedoch, in Treptow-Köpenick Mehrheiten mitorganisiert zu haben.

Am Freitagabend entscheidet eine Konferenz der SPD Treptow-Köpenick, wer für sie antritt. Bisher gab es drei Kandidaten. Neben Wasserhövel der 30 Jahre alte Lokalpolitiker Oliver Igel. Sowie das Kreisvorstandsmitglied Ralf Thies, als Postbankmitarbeiter in der Hauptstadtpolitik unterwegs. Doch letzten Mittwoch schickte Thies dem SPD-Kreisvorsitzenden eine E-Mail. Nachdem feststehe, wer die 50 Delegierten der Konferenz seien, sehe er keine Chance. "Es ist offensichtlich, wie die Konferenz entscheiden wird und daher bin ich zu dem Entschluss gekommen, jetzt meine Bewerbung zurückzuziehen."

Hat Kahrs Druck gemacht? Thies sagt: "Mit ihm hab' ich nur die Themen der Kurt-Schumacher-Gesellschaft besprochen." Bei dieser Einrichtung, die mit dem Seeheimer Kreis verbunden ist, engagiert sich Thies als Schatzmeister, Kahrs ist Vorsitzender. Kahrs erklärt: "Ich habe kürzlich mit ihm gesprochen und ihm gesagt, dass seine Kandidatur keinen Sinn macht."

Nun wird in der SPD Treptow-Köpenick diskutiert, ob Thies' Rückzug Wasserhövel hilft. Dafür spricht, dass Thies mit Erfahrenheit im Hauptstadtzirkus punkten wollte. Wem das wichtig war, ist auch mit Wasserhövel bedient. Wem an Thies seine Verankerung im Bezirk gefiel, könnte nun den Lokalpolitiker Igel wählen. "Meine Chancen haben sich durch den Rückzug von Ralf Thies nicht verschlechtert", sagt Igel.

Doch Igels Chancen - das sagen alle, mit denen man in Treptow-Köpenick telefoniert - sind schlecht. So viele Delegierte wollten Wasserhövel, dass Kahrs' Engagment womöglich gar nicht nötig war. Ein Delegierter etwa, der Juso-Bezirkschef, arbeitet in der SPD-Zentrale, wo Wasserhövel Hausherr ist. Ein anderer Delegierter habe seinen Wohnsitz von Berlin-Friedrichshain nach Treptow-Köpenick verlagert, um stimmberechtigt zu sein, wird berichtet. "Mein Papa wohnt da", sagt Alexander Freier dazu, räumt aber ein, auch den Bundestagskandidaten dort wählen zu wollen, wo er sich schon lang engagiere. Freier jobt beim Seeheimer Kreis. Die Mannschaft von Johannes Kahrs.

Fragt man den Kreisvorsitzenden Klaus Ulbricht, ob es ihn stört, dass Kahrs sich Gedanken um Treptow-Köpenick macht, sagt er: "Wir sind ein Kreis, der äußeres Interesse hervorruft. Und das ist positiv." Es klingt etwas sarkastisch. Ulbricht ist für Igel. Für die Konferenz am Freitag wurde er nicht aufgestellt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!