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Vorwahlen der US-DemokratenLong way to go

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Nach Iowa und New Hampshire ist Bernie Sanders jetzt zum Favoriten geworden. Das heißt aber nicht viel. Der wirkliche Gegenwind kommt erst noch.

Nach dem Sieg bei der Vorwahl in New Hampshire: Bernie Sanders küsst seinen Enkel Foto: Mike Segar/reuters

D ie Vorwahlen von New Hampshire haben im Kandidat*innenfeld der Demokraten ein paar Dinge klargestellt: Bernie Sanders, der 77-jährige „demokratische Sozialist“ und langjährige unabhängige Senator aus Vermont, wird der Kandidat der Linken sein. Elizabeth Warren, Sanders' Konkurrentin um deren Gunst, ist so gut wie raus.

Das Gleiche gilt auf der anderen Seite des Kandidat*innenfelds für Ex-Vizepräsident Joe Biden. Nach einem vierten und einem fünften Platz für den Mann, der, nachdem er seine Kandidatur bekanntgegeben hatte, sofort zum Favoriten erklärt wurde, gehen ihm jetzt rasant Geld und Puste aus. Wenn er nicht in Nevada und South Carolina mindestens auf dem zweiten Platz landet, wird seine Wahlkampagne den „Super Tuesday“ am 3. März, wenn in 14 Bundesstaaten gewählt wird, nicht mehr erleben.

Die Frontrunnerrolle des „moderaten“ Flügels kommt derzeit Pete Buttigieg zu, dem 38-jährigen schwulen Ex-Bürgermeister einer Kleinstadt. Aber da sind auch noch Amy Klobuchar und vor allem Michael Bloomberg. Der New Yorker Milliardär, der sich entschieden hat, die vier frühen Vorwahlstaaten auszulassen und erst beim Super Tuesday anzutreten, hat schier unbegrenzte finanzielle Mittel, um mit TV-Spots medial omnipräsent zu werden. Wie er aber wirklich bei den Wähler*innen der Demokraten ankommt, muss sich erst noch zeigen. Es haben schon andere vor ihm erfahren müssen, dass Geld zwar wichtig ist, aber womöglich nicht ausreicht.

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Es wird darauf ankommen, welche Kriterien die Wähler*innen anlegen, um ihre Entscheidung zu fällen. Geht es wirklich darum, wessen Programm am meisten überzeugt? Oder ist die alles entscheidende Frage vielmehr, wem am ehesten zugetraut wird, Trump im November zu schlagen? Und was hat das eine mit dem anderen zu tun?

Umfragen nicht eindeutig

Im Vorwahlkampf 2016 waren die Umfragen recht eindeutig. In den meisten jener entscheidenden Bundesstaaten, die schließlich Trump den Sieg bescherten, hatten die Wähler*innen zuvor auf die Frage, wen sie wählen würden, wenn Sanders, und wen, wenn Clinton gegen Trump antreten würde, Sanders einen haushohen Vorsprung gegeben. Dennoch hielt sich im demokratischen Establishment der Mythos, der linke Senator habe beim allgemeinen Wahlpublikum keine Chance, nur eine „Moderate“ wie Clinton könne gewinnen.

Diesmal sind die Umfragen nicht so klar. Mal liegt Biden vorn, mal Sanders, mal Bloomberg. Sanders hat unstrittig die breiteste aktivistische Unterstützung von allen, die „Bernie“-Bewegung von 2016 hat nie aufgehört zu existieren. Aber die Welt ist nicht stehen geblieben. In absoluten Zahlen hat Sanders jetzt bei den ersten Vorwahlen weniger Stimmen bekommen als 2016, und auf der anderen Seite hat Trump, erleichtert durch gute Wirtschaftsdaten, seine Macht gefestigt und höhere Beliebtheitswerte denn je.

Sanders ist sicher der einzige Kandidat aus dem gesamten Feld, der sein politisches Programm nicht nach Opportunitätskriterien zusammenstellt. Er ist authentisch, deshalb kommt er an, gerade bei jungen Linksliberalen.

Er ist freilich auch derjenige, der, sollte er tatächlich Präsident werden, am meisten Abstriche von seinen Vorschlägen machen müsste. Die Chancen, dass er etwa eine staatliche Krankenversicherung und gebührenfreie Unis durch den Kongress bekommt, stehen gleich null, selbst wenn die Demokrat*innen im November das Repräsentantenhaus halten und den Senat dazugewinnen sollten.

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Das nun spricht dafür, dass es tatsächlich nur ein einziges Ziel geben kann: Trump schlagen. Und dafür wird es vermutlich das Wichtigste sein, dass alle Flügel der demokratischen Partei sich während der Vorwahlen so behandeln, dass auch die Anhänger*innen der Verlierer*innen sich nicht frustriert abwenden. Das hat 2016 nicht funktioniert. Aber da war Trump noch ein Schreckgespenst, dessen tatsächlichen Sieg kaum jemand für möglich hielt. Das wissen jetzt alle besser. Aber können Biden-Anhänger*innen sich hinter Sanders stellen? Sanders-Leute hinter Bloomberg? Warren-Fans hinter Buttigieg? Sie müssen. Bitte.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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2 Kommentare

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  • In South Carolina (wie ueberhaupt im Sueden der USA), hat Beiden unter Demoktatischen Waehlern, die dort zu deutliche hoeherem Anteil schwarz sind, wesentlich bessere Chancen, als im ueberwiegend weissen Norden. Beiden wird vor allem als Obamas Vize wahrgenommen, und Obama war immerhin der erste schwarze Praesident -- das wird Beiden stark helfen. Wenn Beiden in South Carolina nicht gewinnt, kann er vermutlich einpacken; momentan sieht alles nach einem deutlichen Sieg Beidens in SC aus, aber bis zum 29. 2. kann noch einiges passieren.

  • Was ist schlimmer für die Demokraten, als das Trump gewinnt - Sanders als Präsident.



    Deshalb werden sie alles tun um ihn zu verhindern.