Vorwahl-Erfolgsserie fortgesetzt: Obama siegt in Wisconsin und Hawaii
Im Vorwahl-Duell der US-Demokraten hat Obama zwei weitere Siege gegen Konkurrentin Clinton eingefahren - und sie mit dem Zeitpunkt seiner Rede gedemütigt.
WASHINGTON taz Ganze acht Minuten war Hillary Clintons Ansprache alt. Gerade erst hatte sie sich bei ihren Unterstützern bedankt und wollte soeben zum programmatischen Teil ihrer Rede ansetzen. Doch statt die Fernsehzuschauer davon überzeugen zu können, dass trotz ihrer erneuten Vorwahlniederlage in Wisconsin sie noch immer die geeignetere Präsidentschaftskandidatin der Demokraten sei, landete Barack Obama einen Treffer, von dem man später womöglich einmal sagen wird, er habe das Rennen der Demokraten zu seinen Gunsten entschieden.
Zumindest aber war es ein strategisch äußerst geschickter Schachzug, dass er seine Siegesrede mitten in die Ansprache von Clinton platzierte. Jegliche großen TV-Stationen wechselten ohne Rücksicht auf die Verliererin des Abends in Obamas Arena im texanischen Houston. Und in den meisten US-Haushalten sah man plötzlich nicht mehr die um Haltung bemühte Clinton sondern den vor Selbstbewusstsein und Entschlossenheit strotzdenden Obama.
In 45 kostenlosen Fernsehminuten konnte der Senator aus Illinois genüsslich seinen mit mehr als 15 Prozent Vorsprung sehr deutlichen Sieg auskosten und seine Pläne vor aller Augen konkretisieren: Mindestlohn hoch, Gesundheitskosten runter, Handelsabkommen modifizieren, Bildungsstandards einführen, raus aus dem Irak. Auf seine Konkurrentin ging er mit keinem einzigen Wort ein. "Houston - ich glaube, wir haben abgehoben!", rief er und die Halle stand Kopf. Später wurde er auch auf Hawaii zum Sieger erklärt - keine Überraschung, schließlich wurde Obama auf Hawaii geboren.
Dabei hatte das Clinton-Lager ursprünglich darauf gehofft, dass Wisonsin vor den wichtigen Vorwahlen in Texas und Ohio Anfang März das seit dem Super-Tuesday anhaltende "Momentum" Obamas anhalten könne. Die Vorzeichen standen nicht schlecht, die Wählerstruktur schien ein Vorteil für sie: Die große Mehrheit der Bevölkerung ist weiß, Bildungsniveau und Einkommen sind im Durchschnitt gering und Arbeitslosigkeit greift immer mehr um sich. Entsprechend arbeiterfreundlich war ihre Message bei zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen. Zur Sicherheit fuhr sie in Werbespots und Emailkampagnen noch ein paar harte Attacken auf ihren Konkurrenten. Obamas Pläne zur Gesundheitsversorgung gingen nicht weit genug, war darin zu hören und zu lesen. In Wisconsin habe er sich vor einer Debatte mit ihr gedrückt. Sie würde Lösungen anbieten, er nur leere Worte. Und obendrein bediene er sich in Reden noch der Slogans von Kollegen, nur um sie dann als seine eigenen auszugeben.
Der Schuss ging nach hinten los. Statt nach acht Erfolgen in Serie den Siegeszug von Obama zu stoppen, steht sie nun in Texas und Ohio mit dem Rücken zur Wand. Obama siegte gestern in Wisconsin nicht nur mit großem Vorsprung, er siegte auch quer durch alle Einkommensschichten, Altersgruppen, Hautfarben und Geschlechter. Dies zumindest zeigten erste Nachwahlumfragen des Fernsehsenders NBC. Die bislang so Hillary-affinen weißen Frauen stimmten demnach zur Hälfte für ihn, ebenso Menschen mit weniger als 50.000 Dollar Jahreseinkommen, die zuletzt mehrheitlich für Clinton votiert hatten. Eine deutliche Zweidrittelmehrheit erreichte er sowohl bei Unabhängigen als auch bei weißen Männern. Und 53 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Wisconsin hielten die Clintons Attacken der letzten Tage für unfair. Negativkampagnen scheinen im demokratischen Rennen nicht zu ziehen - was den Spielraum von Clintons Wahlkampftechniken für die anstehenden Vorwahlen erheblich einschränken könnte. Mindestens ebenso wichtig: Bei den Delegiertenstimmen hat Obama seinen Vorsprung durch den Sieg in Wisconsin ausbauen können. CNN sieht ihn inzwischen bei 1301 Delegierten, 62 mehr als Clinton.
Ach ja - die Republikaner wählten übrigens auch, und zwar mit großer Mehrheit ihren designierten Kandidaten John McCain, sowohl in Wisconsin als auch im Bundesstaat Washington gegen den einzig verbliebenen Konkurrenten Mike Huckabee. Und McCain machte aus seinem Glauben keinen Hehl, mit wem er es auf demokratischer Seite zu tun haben werde. Angesichts globaler Gefahren sei es sicherer auf ihn mitsamt seiner jahrzehntelangen Erfahrung zu setzen, als auf jemanden mit einem "eloquenten, aber letztlich leeren Ruf nach Wechsel" - ein klarer Seitenhieb auf Obama. Hillary spielt in seinen Überlegungen offensichtlich keine Rolle mehr.
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