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Vorschriften für Handel mit KongoKampf um die Kriegsmineralien

Die USA unterwerfen den Handel mit Rohstoffen aus Kongos Kriegsgebieten strengen Regeln. Die lokalen Unternehmer fürchten den Zusammenbruch des Sektors.

Ein Mitglied der FDLR überwacht Arbeiter im Ostkongo. Bild: reuters

BERLIN taz | Versteckt in den über 2.300 Seiten der gigantischen US-Finanzmarktreform, die der US-Senat am vergangenen Donnerstag verabschiedete und die Präsident Barack Obama diese Woche unterzeichnen soll, ist ein explosiver Gesetzestext zu einem völlig anderen Thema: dem Export sogenannter Konfliktmineralien aus der Demokratischen Republik Kongo. Sektion 1502 des Gesetzes unterwirft die Verwendung von Mineralien aus dem Kongo und den Nachbarländern erstmals scharfer US-amerikanischer Kontrollen.

Während Kampagnengruppen die neuen Regeln enthusiastisch als "Durchbruch" begrüßen, sind Unternehmer und Händler skeptisch. Um zu verhindern, dass sich bewaffnete Gruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo am Export von Mineralien bereichern, sollen künftig alle Firmen, die in den USA Geschäfte machen, jährlich über den Ursprung der in ihren Produkten verwendeten mineralischen Rohstoffe Rechenschaft ablegen.

Sollten diese aus dem Kongo oder aus einem Nachbarland kommen - was halb Afrika bedeutet, von Angola über Tansania und Ruanda bis Sudan -, muss das Unternehmen detailliert nachweisen, welche Maßnahmen es getroffen hat, um den genauen Ursprung und die Handelskette der Mineralien herauszufinden und sicherzustellen, dass weder die Förderung noch Transport, Handel oder Export dieser Mineralien einer bewaffneten Gruppe finanziell genützt hat. Die Angaben müssen von unabhängiger Seite überprüft werden.

Diese Schritte, zumeist von Kongressabgeordneten der Demokraten verlangt, entsprechen alten Forderungen internationaler Kampagnenorganisationen wie Global Witness oder Enough, die seit Jahren gegen die Verknüpfung von Rohstoffhandel und Finanzierung von Bürgerkriegsparteien in Afrika Sturm laufen. Sie begrüßen das neue Gesetz denn auch enthusiastisch.

Ihrer Meinung nach verüben ostkongolesische Kriegsparteien wie die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) Übergriffe auf die Zivilbevölkerung allein deshalb, um Kontrolle über Bergbaugebiete und Handelsrouten zu gewinnen und aus dem Export von Zinnerz, Tantalerz, Gold oder Wolframit ihren Krieg finanzieren zu können. Würden Rohstoffe nur noch außerhalb des Zugriffs dieser Gruppen auf den Weltmarkt geraten, wären die Kriegsparteien ausgetrocknet, so die Analyse.

Zahlreiche internationale Initiativen arbeiten bereits an Zertifizierungs- und Kontrollsystemen, um eine Unterscheidung zwischen "sauberen" und "schmutzigen" Mineralien aus dem Kongo zu ermöglichen. Das neue US-Gesetz prescht nun vor und gibt den Unternehmen dazu noch genau 270 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit. Zum Vergleich: Das im Aufbau befindliche Zertifizierungssystem der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) nimmt sich insgesamt drei Jahre Zeit.

Entsprechend groß ist auch die Skepsis vor Ort. John Kanyoni, Präsident des Mineralienhändlerverbandes der ostkongolesischen Provinz Nordkivu, spricht in einem Protestbrief an die US-Botschaft im Kongo von einem "De-facto-Embargo". Die "unilaterale" Aktion des US-Kongresses werde dazu führen, dass multinationale Elektronikkonzerne vorsichtshalber gar nichts mehr aus Afrika kaufen. "Die Folge wird sein, dass tausende Kongolesen ihre Arbeitsplätze verlieren und sich dann den bewaffneten Gruppen anschließen."

Die Provinzen Nord- und Südkivu im Ostkongo erwirtschaften nach fast zwei Jahrzehnten Krieg ihre Deviseneinkünfte fast ausschließlich aus dem Rohstoffexport. Mineralien wie das Tantalerz Coltan und das Zinnerz Kassiterit, die im Urwald von Schürfern in Kleinbergwerken gefördert werden, gehören zu den einträglichsten Produkten der Region, ohne deren Export die Importe von Lebensmitteln, Baustoffen, Brennstoffen und Gütern des täglichen Bedarfs nicht mehr finanzierbar wären und der Alltag in den Provinzhauptstädten Goma und Bukavu zusammenbrechen würde.

In den letzten Jahren ist der Schmuggel in die Nachbarländer Ruanda, Uganda und Burundi, der dem kongolesischen Staat die fälligen Steuer- und Zolleinnahmen entzog, weitgehend eingedämmt worden, sodass nun sehr viel mehr Rohstoffeinnahmen im Kongo verbleiben - mit Ausnahme von Gold, das leicht zu schmuggeln ist. Die bewaffneten Gruppen der Region sind allerdings weniger auf Mineralien angewiesen, als die USA annehmen. Sie finanzieren sich ebenso mit der Erpressung der ländlichen Bevölkerung, der Besteuerung von Märkten, dem Schmuggel von Wild und Tropenholz und dem Abschöpfen von Importprofiten.

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3 Kommentare

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  • V
    vic

    Wie so viele andere Staaten wird auch der Kongo vom Westen ausgesaugt. Unter anderem, damit wir alle mehrere Handys haben (und selbstverständlich immer das Neueste).

    Und dass das Land für seine Bodenschätze keine Waffen erhält kann mir keiner erzählen.

  • M
    Moritz

    In Afrika fehlt eine starke Mittelschicht. Es gibt häufig nur zwei Lager, ganz reich und ganz arm.

  • JJ
    Jared J. Myers

    Die Zertifikation von Handelsketten für Rohstoffe beruht darauf, dass die Händler in der Lage sind, einen Herkunftsnachweis zu führen, und die Grenzbehörden bzw. Kontrollinstanzen die Herkunft der gehandelten Erze bestimmen können.

    Dafür sind chemisch-physikalische Nachweismethoden zu entwickeln, die nicht nur in Hochreinlabors, sondern auch vor Ort an der Grenze bei Bukavu oder Kigoma funktionieren und den Kassiterit oder Columbit aus zertifizierten Minen im Kongo oder z.B. aus Rwanda von den Mineralen aus Lagerstätten in "Rebellengebieten" des Ostkongo unterscheiden können. Es reicht nicht, in der Herkunftsmine ein Etikett mit Stempel an den Container zu pappen.

     

    Dafür sind Jahre der Anwendungsforschung und Methodenentwicklung nötig - die Kontrolltechnik muss mit der Legislation Schritt halten. Tut sie das nicht, so läuft die Pflicht zum Herkunftsnachweis auf den Boykott der Erze und Konzentrate der ganzen Region hinaus.