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SanssouciVorschlag

■ „Klassentreffen“ im Varieté Chamäleon

Karl Heinz Helmschrot Foto: Steffi Graenitz

Am Anfang trägt er eine wundervoll berüsselte und beohrte Elefantenmütze, einen Bademantel mit dem Muster des Chamäleon-Vorhangs und macht auf Rudi Carrell. Aber Karl Heinz Helmschrot würde weder die Verkleidung noch den holländischen Akzent und den anbiedernden Tonfall brauchen, um das Publikum sofort auf seine Seite zu ziehen. Die aufgerissenen, rollenden Augen sind Maske genug, und daß er konsequent in seiner jeweils gewählten Haltung bleibt, überzeugt mehr als jede Masche. Helmschrot, alias Farce de Frappe, ist Akrobat und Schauspieler, und das merkt man. Nachdem er mit Henry Arnold in der Scheinbar in einer Art kafkaesker Zwei-Mann-Revue „alles in Ordnung“ brachte und in diversen Varieté-Shows mitwirkte, hat er jetzt im Chamäleon quasi eine eigene Show.

Nach seiner einleitenden Conférence verwandelt er sich in den Lehrer Schramm, dessen strenge und komisch trockenen Maßregelungen eine geschickte dramaturgische Klammer für die Varieté-Einlagen seiner Schüler sowie seine eigenen Jonglagen bilden. Ebenfalls gelungen ist, daß er sich einige Zuschauer ausguckt, die er in dieses „Klassentreffen“ kontinuierlich miteinbezieht, ohne sie zu peinlichen Mitmachaktionen zu nötigen. „Fies“, „Schlamp“ oder „Hagemann“ werden einfach nur ständig kontrolliert.

Auch Helmschrots Mitartisten im Schülerdress haben sich eine zum Teil sehr amüsante Haltung zugelegt wie die Trapezkünstlerin Sabine Mohr, die als „Fräulein Meier“ ein muffig-unglückliches Backpfeifengesicht zur Schau trägt. Den artistischen Höhepunkt des Abends beschert die Russin Rimma Krilowa, die verblüffend viele Hula-Hoop-Reifen auf verschiedenen Arten höchst elegant um Arme, Beine, Bauch rotieren läßt. Schon in der Bar jeder Vernunft zu sehen gewesen, aber noch immer überaus charmant ist Helmschrots Nostalgie-Jonglage mit einem alten Hut, Ball und Regenschirm. Das „Klassentreffen“ ist eine fast durchgehend konzentrierte, komödiantische Varieté-Show, deren weitere Einzelheiten man unbedingt selbst in Augenschein nehmen sollte. Petra Kohse

Bis 3.4., Mi.–So., 20.30 Uhr, Varieté Chamäleon, Rosenthaler Straße 40/41, Mitte.

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