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SanssouciVorschlag

■ Hin zum „Weltschrift“- Design: „Das A und O des Bauhauses“ – eine Ausstellung im bauhaus-archiv

„Multimedia“, so erfahren wir von der Kölner PopKomm, liegt vorläufig auf Eis. Es fehlen offenbar die Ideen, Medien in einer Weise zu nutzen, die mehr als nur „ganz witzig“ ist. Dafür gehen immer mehr aufs Internet oder pressen CD-ROMs. Die Digitalisierung der Information verändert nicht nur deren Verfügbarkeit und Verbreitung, sondern auch die Ästhetik ihrer graphischen Aufbereitung. Doch wie unentschlossen wirkt das, was mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln angestellt wird, vergleicht man es mit den gestalterischen Experimenten des Bauhauses in den 20er Jahren. Die Ausstellung „Das A und O des Bauhauses“ zeigt dessen bisher wenig beachtete Werbearbeit. Einladungen zu den eigenen Veranstaltungen, Bauhauszeitschriften, später auch Firmenwerbung und Plakate für die Kommunistische Partei wurden hier erstmals zusammengetragen.

Die Werbeästhetik des Bauhauses bewegt sich zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite stehen Schlichtheit, Strenge und Einheitlichkeit mit dem Ziel der effizienten Kommunikation. Das begann bereits bei der heute noch üblichen Normierung der Papierformate, erstreckte sich über die Schrifttypen (Grotesk-Schriften statt solcher mit Serifen) bis hin zur Kleinschreibung aller Worte und zur vereinfachten Rechtschreibung: „Warum groß schreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“ Fernziel war eine utopische „Weltschrift“, die nur noch aus Kreisen und Quadraten bestehen sollte. Parallel zu den literarischen und künstlerischen Entwicklungen der Moderne machte sich das Bauhaus daran, die lineare Anordung des Textes auf der gedruckten Seite aufzubrechen. Neue Druck- und Satztechniken waren verfügbar, Fotos ließen sich erstmals in Zeitungen und Büchern reproduzieren, der Film hatte die Wahrnehmung revolutioniert.

Herbert Bayers Einladungskarte zum „Letzten Tanz“, dem Abschiedsfest des Weimarer Bauhauses 1925 Abb.: Katalog

Sichtbar wird dies vor allem an den Arbeiten Laszlo Moholy- Nagys, die dem Kubismus näherstehen als der Deutschen Industrienorm. Dynamik und Rhythmus erhalten die Texte durch geometrische Figuren, Balken, Farben und unterlegte Fotos. Moholy-Nagy entwarf Plakate und Werbebroschüren, die glatt und bieder wirken lassen, was sich heute so als hip ausgibt. Riesige Ziffern stehen in leeren Räumen, spiegelverkehrte oder zu rein geometrischen Elementen verformte Buchstaben werfen Schatten; Texte laufen vertikal oder krümmen sich um aus Fotos ausgeschnittene Personen oder Gegenstände: „Das Typofoto regelt das neue Tempo der neuen visuellen Literatur“ (Moholy- Nagy). Wo ist die visuelle Literatur von heute? Jörg Häntzschel

„Das A und O des Bauhauses“, Mi.–Mo., 10–17 Uhr, bauhaus- archiv, Klingelhöferstraße 14, Tiergarten

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