■ Vorschlag: Miauen vom Blatt: „Vox Infernalis“ in den unterirdischen Gärten
Unter der Erde ist Musik. Gerne will man daran glauben und auch daran, daß die Sinne, einmal aus der Gegenwart entfernt, nur wacher werden, nicht sterben. Dieser Illusion kann in den nächsten Wochen nachgegangen werden, wenn das unterirdische Labyrinth in der Katzbachstraße zur Kulisse für tiefgreifende Gesangsereignisse wird. Zwölf Meter geht es in die Erde, und mit jedem Schritt wird die Vorsicht größer. Denn ein Keller ist ein Keller ist ein Keller. Dem Gesualdo-Ensemble allerdings ist er auch Gruft und Kerker, wo sie nicht nur ein Konzert geben, sondern Magie verbreiten wollen.
Vor allem Lieder und Madrigale von Monteverdi, Beethoven, Gesualdo da Venosa sind angesagt. Eingefügt in eine verwirrende und geradezu sinnlos erscheinende Architektur wirken sie alles andere als unaktuell. Wozu braucht man unter der Erde ein Fenster? Die drei Männer des A-capella-Ensembles Uwe Czyborra-Schröder (Altus), Markus Schuck (Tenor) und Martin Backhaus (Baß) und die beiden Sopranistinnen Lisa Rave und Isabelle Voßkühler machen sich diese aus den Koordinaten der Ordnung herausgerissene Architektur zunutze. Sie tragen ihre Melodieschleifen um ruinenhafte Säulen oder singen versteckt im Raum das Gebell von Hunden und das Gemiaue von Katzen vom Blatt. Außerdem werden Texte von Poe, Baudelaire und Dante gelesen. Horrorgeschichten sollen auch auf Gesualdo verweisen, nach dem das Ensemble benannt ist. Seine Kompositionen galten durch ihre dissonante Harmonik im 17. Jahrhundert als unzeitgemäß. Zum gruftigen Szenario allerdings paßt, daß er sowohl Komponist als auch Frauenmörder war. Tod auf der einen, Verzweiflung auf der anderen Seite, denn natürlich werden die toten Geliebten besungen. In einem solchen Augenblick packender Trauer kann es sein, daß der Geruch des Raumes plötzlich wie ein Schlag ins Genick wahrgenommen wird: Nichts ist da außer modriger, kalter Feuchtigkeit. Das Konzert könnte ein Marathon der Sinne werden. Hören, sehen, riechen, fühlen. Das Herz jedes Grufties müßte vor Freude zerspringen. Waltraud Schwab
Heute um 20 Uhr im Labyrinth, Katzbachstraße 19, weiteres Programm erfragen
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