piwik no script img

■ VorschlagHoliday in Birma? John Pilgers Dokumentarfilm klärt auf

Seit Birmas Militärdiktatoren Touristen aus aller Welt mit den vereinfachten Visabestimmungen des „Visit Myanmar Year 1996“ ins Land zu locken versucht, schmuggeln sich auch vermehrt Journalisten ins Land. Wenn sie dann aber daheim Artikel schreiben, die der birmesischen Regierung nicht gefallen, sollten sie beim nächsten „Touristen-Trip“ mindestens einen gefälschten Paß vorzeigen. John Pilger müßte sich zudem wohl auch noch einer Gesichtsoperation unterziehen! Nachdem sein Dokumentarfilm „Inside Burma: In a Land of Fear“ im britischen Fernsehen ausgestrahlt worden war, strichen viele englische Reiseveranstalter Birma aus ihrem Tour- Angebot. An dieser Resonanz läßt sich wohl am deutlichsten der Unterschied zu den zahlreichen Reisefeuilletons im deutschen Fernsehen ausmachen, wo von „unklaren politischen Verhältnissen“ die Rede ist, während die Kamera über malerische Flußlandschaften mit Pagoden schwenkt. Pilger dagegen wählt die klassische, handfeste Reportage, die dem Bildungs- und Aufklärungsauftrag öffentlich-rechtlicher Medien sehr viel näher kommt. Pilger begibt sich an die Orte, wo 1988 die Generäle unbewaffnete Demonstranten niederschießen ließen. Er hat in den Archiven nach dem wenigen Filmmaterial über das fast vergessene Massaker gesucht und ist selbst dort auf korrupte Ängstlichkeit gestoßen. Der japanische Sender NHK verweigerte die Sendelizenz, weil die Szenen „die politische Stabilität Myanmars gefährden könnten“. Doch Pilgers eigene Bilder von Zwangs- und Kinderarbeitern, die heute die Straßen und Eisenbahnlinien bauen, die die Monumente und Denkmäler in mittelalterlich wirkenden Ketten restaurieren, sprechen für sich.

Pilger liefert in seinem Film ein eindrucksvolles Plädoyer gegen den Urlaub in der Militärdiktatur und baut seine Argumente auch auf Aussagen von Tourismusvertretern, von Oppositionellen und der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die er in ihrem Haus in Rangun interviewte. Der Berliner Verein „Burma Project“ zeigt diesen Film in Zusammenarbeit mit dem Arsenal und verspricht im Anschluß eine Diskussion. Außer Pauschaltouristen und Journalisten gibt es nämlich eine ganze Reihe von Exil-Birmesen und Birma- Interessierten in Berlin, die in den vergangenen zwei Jahren höchst unterschiedliche Erfahrungen im neuen „Reiseland Birma“ gemacht haben. Dorothee Wenner

So., 1.9., um 19.00 Uhr (OF), im Arsenal-Kino, Welser Str. 25

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen