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■ VorschlagLieder aus der Mongolei: Urna Chahartugchi in der Passionskirche

Für eine Gegend, die man sich gemeinhin ziemlich eintönig vorstellt, ist die musikalische Vielfalt der mongolischen Steppe erstaunlich groß. Nein, es soll hier nicht schon wieder um den Obertongesang gehen. Die Rede ist vielmehr von ganz alltäglichen Volksliedern, wie es sie in der weiten Steppe Mittelasiens wohl in vielen tausend Variationen geben muß. Da man in der Steppe bekanntlich wenig mehr machen kann als Schafe hüten, Lämmer hüten und Kühe hüten, hat man viel Zeit, sich immer neue Stücke auszudenken.

Auch Urna Chahartugchi hat, als Tochter einer Hirtenfamilie aus dem Hochplateau der Inneren Mongolei (die zur VR China gehört), mit Viehzüchten begonnen. Später erlernte sie das chinesische Hackbrett Yangpin, um zum Studium traditioneller Musik am Konservatorium in Shanghai zugelassen zu werden. Vor etwa zwei Jahren begann sie dann, sich der behutsamen Modernisierung der mongolischen Volksmusik zu widmen. Auf verschiedenen Konzerten in China, etwa beim Jazzfest in Peking, wanderte sie bereits zwischen den Stilen, bevor sie auf den Berliner Musikwissenschaftler Robert Zollitsch und den Gitarristen Oliver Kälberer traf, mit denen sie ihre bislang einzige Plattenaufnahme produzierte. Auf dieser ließ sie sich nicht von der mongolischen Standardbegleitung, der traditionellen Pferdekopfgeige, sondern von einer bayerischen Zither und einer klassischen Gitarre begleiten. Das kann man als Konzession an westliche Hörgewohnheiten sehen, doch auch im ursprünglichen Zustand klingen die Steppengesänge viel weniger fremd, als es die Herkunft vermuten ließe. Und auch nicht so langweilig, wie man als Besitzer von an Reizüberflutung gewohnten Ohren befürchten könnte.

Der Titel des Albums „Tal Nutag“ bedeutet in etwa soviel wie „heimatliches Grasland“, und die meisten Stücke handeln auch vom Leben in der Steppe. Da läßt es sich kaum vermeiden, Assoziationen herzustellen zwischen der intimen Ruhe der Musik und der Weite der Landschaft, aus welcher sie letztlich geboren wurde. Das Ordosgebiet, aus dem Urna Chahartugchi stammt, wird von seinen Bewohnern auch „Meer der Lieder“ genannt. Urna Chahartugchi und ihr Team haben sich vorgenommen, dort nächstes Jahr wieder fischen zu gehen, um in musikethnologischer Akribie Volksweisen der Region für die Nachwelt zu archivieren. Für dieses Unterfangen suchen sie übrigens noch hilfreiche Mitarbeiter. Daniel Bax

Heute, 20 Uhr, Passionskirche, Marheinekeplatz

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