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■ VorschlagAustrias Felix: Der Kabarettist Josef Hader in der Bar jeder Vernunft

Der graue Herr erklimmt einen Barhocker. Ganz nah ist das Mikrofon, aber leider versagt ihm die Stimme. Er räuspert sich, hustet und krächzt schleimig. In seinen Atemwegen nisten unglaubliche Geräusche. Dann kommt er zur Sache: „Mein Name ist Josef Hader, und ich wurde 1962 in Waldhausen geboren.“

Seit zwei Jahren zieht der Kabarettist mit seinem Programm „Privat“ umher. Mit seinem melancholischen Witz, seinem todessüchtigen Fatalismus ist Hader ein typisch österreichischer Exportartikel und doch unverwechselbar. Hierzulande ist er mit dem Film „Indien“ als Außendienstler Boesl bekannt geworden. Auch auf der Bühne trägt er eine häßliche, klobige Brille, und das hat einen Grund: Seine Mutter gebar die Brille zuerst. „Mich hams für die Nachgeburt gehalten.“ Hader ist besessen von Körper und Zerfall, ausführlich berichtet er über Hämorrhoiden und Bettnässen, und durch die Nase bohrt er sich ins eigene Gehirn, das aussieht wie eine Wiener Behörde und wo auf einer Tür steht: „einzig wahres Ich“.

Zuvor aber muß er weit reisen. Auf dem Ast, der einst Ödön von Horváth erschlug, reitet Hader durch die Wiener Kanalisation, fährt auf einem Topfenstrudel in die Hölle und taucht in Nairobi wieder auf. Hier wird das scheinbar private Programm politisch. Die Anklage des „Kaisers von Afrika“ gegen die Erste Welt soll das Publikum schockieren, doch wirkt die Perspektive auf eine unmündige Dritte Welt recht veraltet. Aber Hader bewegt sich stets auf mehreren Ebenen, er witzelt auch über politisches Kabarett, „mit Diavorträgen und Zuschauerprüfung in der Pause“. Haders Stärke ist die Metaphysik. Herrgott und Teufel sind bei ihm sehr lebendig, seine Lieder über den Tod tief beunruhigend. Es sei eh alles egal, singt er, denn „in fünfzig Johr kennt di niemand mehr“, die Grübchen, die sympathische Stimme, alles sei dann vergessen, „wurscht, scheiß drauf!“. Die altwienerische Weisheit, daß die Lage hoffnungslos ist, aber nicht ernst, und daß man eh nix machen kann – niemand hat sie besser verstanden als Josef Hader. Miriam Hoffmeyer

Bis 17.11. Di.-So., 20.30 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstr. 24

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