■ Vorschlag: Trost für Getrennte – Tanzlabor in der Akademie und im Podewil
Er wollte nicht in die Kerbe des Hauptstadtjammers hauen, schickte Norbert Servos, Choreograph und Tanzschriftsteller, seinen kritischen Kommentaren zur Tanzförderung in Berlin vorweg. In keiner anderen deutschen Stadt stehen dem Tanz so viele Spielstätten offen, noch gibt es irgendwo einen größeren Etat für zeitgenössische Kompanien. Dennoch kommt die Tanzszene Berlin nicht recht vom Fleck, denn es fehle an Zusammenarbeit der Häuser und künstlerischer Verantwortung bei der Vergabe der Mittel.
In dieser Situation sieht sich das Tanzlabor, das in der Patenschaft der Akademie der Künste 1996 über 25.000 Mark verfügte. Die wurden diesmal in die eigenen Produktionen von Norbert Servos und Tatjana Orlob gesteckt. Gäste einzuladen wie 1994/95 (u.a. Alex B., Tatdashi Endo, Jorge Morro) und mit einem kleinen Festival die Erweiterung der eigenen Bewegungsrecherchen voranzutreiben ist nicht mehr möglich.
Der treffenden Kritik an der Tanzpolitik folgte einer Woche vor der Premiere ein Probendurchlauf des neuen Programms. Trostpflaster für Trennungen versprechen die beiden Duos, die beide mit Bildern der Entfernung enden. Sie suchen mehr nach Formen der Anerkennung als nach der klassischen Verschmelzung. Abgetastet werden die Möglichkeiten, aus den Starrheiten des Ichs aufzubrechen.
Doch die Bewegungszeichnung der Charaktere überzeugt noch nicht. Tatjana Orlob, die mit Steffen Eckert Servos' Duo ausführt, bleibt in einem eckigen, staksigen, ruckelnden Duktus befangen. Mehr Spannung und Absurdität bringen Eckert und Anja Boehm im zweiten Duo, „Clench“, von Orlob choreographiert, über die Rampe. Gerade in der akkuraten Bewegungssymmetrie wird die Beklemmung spürbar, die sie schließlich von innen auseinanderdrückt, damit sie sich aus der Distanz erkennen können. Das Programm endet mit einem Solo von Tatjana Orlob, das an eine wimmelnde Geisterbeschwörung und bemühte Verwandlung erinnert. Was dabei an Energie freigesetzt werden könnte, läßt sich an den Zeichnungen von Evelyn Sommerhoff ablesen, die die Probenarbeit begleitete (ausgestellt im Foyer des Podewil). Katrin Bettina Müller
Tanzlabor in der Akademie, 10. und 11.12., 20 Uhr; im Podewil 13. bis 15.12., 20 Uhr
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