piwik no script img

■ VorschlagAlte Liebe rostet nicht: Rockbands

Gehört man nicht gerade zur Leserklientel und Mitarbeiterschaft des deutschen Rolling Stone, dann lassen die notorischen Jahresrückblicke und Albumcharts in den Magazinen wieder nur den einen Schluß zu: Alternative-, Indie- oder Folk-Rock sind nicht die Sounds, die die Leute vor Freude schier aus dem Häuschen geraten lassen. Schade, aber nicht zu ändern, auch die eigenen veränderten Hörgewohnheiten sprechen ihre Sprache. Trotzdem gibt es nichts Öderes, als dauernd dem Tod von Rock die Chronik zu schreiben. Alte Liebe rostet nicht so schnell, und so finden sich immer noch Scharen von (größtenteils männlichen) Mitmenschen, die das Spiel mit der Gitarre und insbesondere das Schreiben von Songs dem Programmieren von Sounds vorziehen.

Der Knaack-Club präsentiert heute gleich vier Bands aus der westdeutschen Provinz, allerdings unter dem leicht mißverständlichen Label Lo-Fi/Folk. Denn Lo-Fi ist wohl bei allen beteiligten Bands weniger einem ästhetischen Prinzip als vielmehr einem Mangel an Produktionsmitteln geschuldet. Gar zu einer Art Großfamilie gehört der heutige Headliner Locust Fudge: Die Band ist nur eines der zahlreichen Projekte, das ihre beiden Protagonisten Christopher Uhe und Schneider verfolgen. Über Bielefeld, Detmold und Paderborn hinaus am bekanntesten sind sicher ihre jeweiligen Stammbands, Sharon Stoned und die Hip Young Things.

Auch bei Locust Fudge lacht einen der gutgemeinte, melancholische und zumeist an der Gitarre gestrickte Song zunächst an. Hört man die bisher veröffentlichten Alben „Flush“ und „Royal Flush“, haben Schneider und Uhe allerdings mit Locust Fudge eine kleine Entwicklung durchgemacht: „Flush“ ist songorienterter, akustischer, gesangsdominierter, während man auf dem 95er Album „Royal Flush“ schon bevorzugt mit dem Facettenreichtum arbeitet, den man von Sharon Stoned her kennt: mehr Geräusch, mehr Percussion, Einsatz von Samples. Atmosphärisch jedoch ist alles beim alten geblieben, und insofern machen Locust Fudge heute genau die richtige Musik für diejenigen, die sich im neuen Jahr noch nicht zu Hause fühlen und mit dem „Packen wir es an!“ noch ein wenig warten wollen. Gerrit Bartels

Locust Fudge, Slut, Prime Minister, Mustang Ford, ab 21 Uhr im Knaack-Club, Greifswalder Straße

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen