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■ VorschlagPraktisch die Beatles von Mali: Mory Kanté im Pfefferberg

Mutter, der Mann mit der Kora ist da: Mory Kanté, dessen Markenzeichen das westafrikanische 21-Saiten-Instrument mit dem dicken Bauch, die Kora, ist, will es wieder wissen. Ein wenig ungewiß, fast fragend blickt er dennoch vom Cover seines neuen Albums „Tatebola“. So, als würde er gern erfahren, ob ihm damit noch einmal so ein großer Wurf gelingt wie vor gut zehn Jahren, als er mit „Yé Ké Yé Ké“ die Diskotheken der Welt, von Ibiza bis New York, beschallte. Seit jenen Tagen ist es etwas stiller um den Wahlfranzosen aus Mali geworden, zumal in Deutschland, wo er mit keinem seiner bemüht tanzflächenkompatiblen Nachfolgealben an seinen plötzlichen Megaerfolg anzuknüpfen vermochte.

Mory Kanté hat seitdem an der Bürde zu tragen, als ausgebranntes „One-Hit-Wonder“ angesehen zu werden – was aber, bei Betrachtung seiner Musikerbiographie, völlig ungerechtfertigt ist. Der heute 46jährige, Sproß einer Jali-Musikerfamilie aus Kissidougou/ Ostguinea, begann seine Laufbahn einst, standesgemäß, mit der Ausbildung zum Griot, zum Bewahrer der musikalischen Erzähltradition Westafrikas. Mit sechs Jahren schon soll er das Balaphon erlernt haben, eine Art afrikanisches Xylophon, mit dem er später die Rail Band des Bahnhofsrestaurants von Bamako, Malis Hauptstadt, ergänzte. Nun war die Rail Band, wie der Name vielleicht nahelegen könnte, beileibe keine popelige Provinzkapelle, sondern so etwas wie Malis Beatles – der Schienengang gehörte damals auch Salif Keita an, den Mory Kanté dann als Sänger vom Mikrophon verdrängen sollte. So galt Mory Kanté in seiner Heimat schon als Star, lange bevor er überhaupt begann, mit der Kora jenes Instrument zu erlernen, das ihn, nach seinem Wechsel nach Paris Anfang der Achtziger, in Europa so bekannt machen sollte. Dabei ist er, bei aller elektronischen Afro-pop-Kommerzialisierung, sowohl seinem Repertoire tradierter Melodien der Mandingo-Volksgruppe als auch den althergebrachten Griot-Themen treu geblieben. Nur daß er diese gern, zumindest auf Tonkonserve, in einer allzu glatten Produktion verpackt, bei der, der tanzbaren Gefälligkeit zuliebe, manche Ecken und Kanten zuviel weggeschliffen werden. Man darf aber hoffen, daß das Ganze in der live-konzertanten Version etwas unmittelbarer und rauher rüberkommt – vorausgesetzt natürlich, Mory Kanté läßt den Drumcomputer zu Hause. Daniel Bax

Heute ab 22 Uhr im Pfefferberg, Schönhauser Allee 176

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