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■ VorschlagPsychopathologie des HipHop: Prince Paul im Trash (mit Arztkittel!)

Als vor acht Jahren mit „3 Feet High And Rising“ die erste De- La-Soul-Platte erschien, war das für viele der Beginn einer neuen HipHop-Ära. Und das nicht nur, weil auf dem Cover Blumen die obligatorischen Statussymbole wie Autos und Goldketten ersetzt hatten. Vor allem musikalisch beschritten De La Soul Neuland: Neben den üblichen Seventies-Soul-Schnipseln hatte jetzt auch Johnny Cash Platz im Sampler-Kosmos. Verantwortlich für die bis dato ungehörte Vielschichtigkeit war der Produzent Prince Paul. Zwar wurde De La Soul das Blumen-Cover als Weicheierei übel angerechnet, doch von nun an mußte im HipHop-Feld mit der Native- Tongues-Bewegung, die auch die Jungle Brothers und A Tribe Called Quest umfaßte, gerechnet werden. Auch bei den folgenden De- La-Soul-Alben und der erste Gravediggers-Platte saß Prince Paul an den Reglern. Doch auf „Stakes Is High“, der letzten De-La-Soul- Platte, mischte Paul nicht mehr mit. Statt dessen legte er mit „Psychoanalysis (what is it?)“ auf dem New Yorker Independent-Label WordSound sein erstes Soloalbum vor.

Befreit von dem Zwang, Rappern zuarbeiten oder einer MajorPlattenfirma gefallen zu müssen, frönt Paul seinen Stil- und Klangobsessionen. Vom Miami-Bass-Style und Schooly D.s „Gucci Time“ bis zu Blues und Swingbeat arbeitet sich Prince Paul durch die afroamerikanische Musikgeschichte. Und von „Schizophrenia“ bis zum Track über einen „Maniac Psychopath“ breitet er die Psychopathologie des HipHop-Alltagslebens aus. Aller Rap-Illness zwischen Sexismus und Gewaltphantasien wird ihr diagnostischer Platz zugewiesen. Und doch regiert vor allem der Spaß: Prince Paul interessiert sich mehr für das Doktorspiel als für die tatsächliche Untersuchung.

Wen HipHop-Konzerte und ihr ewiges Put-your-hands-in-the- air-and-wave-them-like-you-just-don't-care nerven, ist bei Prince Paul richtig. Statt in Baggy-Jeans wird er sich im Arztkittel und mit Sigmund-Freud-Bärtchen zeigen. Und wer Pauls alte Kumpel von De La Soul sehen will, geht morgen ins Huxley's. Tobias Rapp

Heute, 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 40-41, Kreuzberg

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