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■ VorschlagPlebsbüttel-Comedy vorwärts und rückwärts im Tränenpalast

Auf dem Weg zur Schule habe er als kleiner Junge das Ortsschild von Stöckelsdorf einmal rückwärts gelesen, erklärt der 30jährige Zauber- und Gedächtniskünstler Bernhard Wolff. Das Wort „Frodslekcöts“ habe ihn so begeistert, daß er von da an Comics und Bücher verschlungen habe – von hinten nach vorne. Seit 1991 ist der Werbekaufmann freiberuflicher Rückwärtssprecher und Gast in zahlreichen Talkshows. Er tritt damit das Erbe seiner einzigen Kollegin, der Rückwärtssprecherin Katja Nick, an. Die 80jährige hatte mit ihrer Kunst noch Wim Thoelke und Peter Frankenfeld beglückt.

1985 gründete Bernhard Wolff mit den Magierkollegen Detlev Simon und Manuel Muerte in Hamburg die „Plebsbüttel-Comedy“. Das Zauber- und Komikertrio gewann auf dem Weltkongreß der Zauberkünstler 1994 in Japan den ersten Preis in Comedy-Magic. Bernhard Wolff wiederholt aus dem Kopf 20 Begriffe, die das geliebte „Mukilbup“ ihm zuruft, rückwärts gesprochen. Ein Tonband nimmt die gutturalen Lautfolgen auf und wird andersherum abgespielt. Und tatsächlich: eine Stimme wie aus dem Jenseits leiert alle Wörter herunter. Als Höhepunkt der Nummer stimmt Wolff einen gruseligen Singsang an, der sich rückwärts gespielt als der Evergreen „New York, New York“ entpuppt. Detlev Simon aus Hannover, der „Stadt des Frohsinns und der guten Laune“, moderiert die knapp zwei Stunden Varieté mit dem Titel „Täter der Klamotte“. Unermüdlich schwelgt der Conférencier in Erinnerung an den Zirkus, in den Kinder gnadenlos geschleift werden, an Clowns, die nicht komisch sind, und an Eintrittspreise, die noch weniger komisch sind.

Zu den öligen Orgelklängen einer „Easy Listening“-Musik hext Manuel Muerte mit Schlaghosen und Siebziger-Jahre-Koteletten Kaninchen aus dem Zylinder, zaubert endlose Bänder von Tüchern aus dem Ärmel und ödet die Zuschauer mit dem immergleichen Kartentrick an. Dann erschießt er das Kaninchen, greift sich eine Puppe mit Schlaghosen und Koteletten, um die schlechteste und zynischste Bauchredner-Show aller Zeiten abzuziehen. Nur wer sein Handwerk beherrscht, kann es durch den Kakao ziehen. In einer furiosen Nummer beweisen die drei Akteure unter der Regie von Claudia Wehner, daß Schlösser und Ketten sie nicht daran hindern, sich in Sekundenschnelle in neuem Kostüm aus einer verrammelten Holzkiste zu befreien. Und wenn eine Zuschauerin als schwebende Jungfrau in der Luft zu stehen scheint. Auf die Frage: Wie machen die das?, weiß Detlef Simon eine Antwort. „Ganz einfach“, erklärt er: „Da ist ein Trick dabei.“ Leif Allendorf

Noch bis 20. April, Do-So, 20 Uhr, im Tränenpalast, Mitte

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