■ Vorschlag: Echter Ostküsten-HipHop im SO 36
Jeru The Damaja Foto: promo
Sie gehören mittlerweile zu einer raren Spezies: HipHop-Künstler, die unbeirrt, voller Hoffnung und besonnen ihre Arbeit verrichten. Sie drängen nicht mit aller Macht an die Spitzen der Charts, und sie haben natürlich auch nichts mit Mord und Totschlag am Mic. Der New Yorker Jeru the Damaja ist einer von ihnen. Der Name führt etwas in die Irre, denn Jeru ist weiß Gott kein Zerstörer, sondern ein Rapper, der Aufklärung und Analyse, Reimkunst und eine machtvolle Bildersprache in den Vordergrund seines Schaffens gestellt hat. Schon mit „Come Clean“, seinem ersten Single-Hit von 1993, übte Jeru massiv Kritik am Zustand von HipHop. Alles andere als beeindruckt vom seinerzeit durchstartenden Westcoast-G-Funk, prangerte er in dem Song die „fake gangster rapper“ an, die bloß eine Menge Lärm machen und die Spuren echter Gangster verwischen würden. Jeru dagegen steht für sich selbst, die Eastcoast, den „old regular street shit“, und die HipHop-Kultur, die er mit all ihren Schattenseiten kennengelernt hat.
Auf „Wrack of the Math“, seinem neuen Album, warnt der 25jährige die Kids vor den „frustrated niggas“, erklärt, was der „bullshit of bullshit“ ist und gibt den gar nicht so einfach zu befolgenden Rat: „Whatever you want to do, do it clever“. Und so wie er in dem Stück „One Day“ HipHop aus den Klauen der Westcoastler befreit, verweigert sich Jeru auch soundtechnisch dem unverbindlichen Konsum: „Wrath Of The Math“ enthält keines von den Essentials, die mittlerweile ein vermeintlich gutes und smashendes HipHop-Album ausmachen: Keine fetten Beats, keine Coverversionen, kein Pop. Spröde, trocken, minimalistisch und unbeweglich stehen die Samples von DJ Premier hier im Raum und verlangen danach, oft und genau gehört zu werden. Jerus stakkato-ähnlicher Rap-Stil tut ein übriges, um den Tracks kein Leben in perfekter Harmonie attestieren zu können. Abzuwarten bleibt, ob Jeru wirklich eines Tages der „Bob Marley des HipHop“ wird, „to give people listening to my records 100 years from now a foundation for living from with they can learn“. Gerrit Bartels
Ab 21 Uhr im SO 36, Oranienstraße, Kreuzberg.
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