■ Vorschlag: Die "Farben der Erde" in der Kulturinsel in Schöneberg
Es wird viel geredet um Berlins Multikulti-Szene. Doch selten findet sie statt. Von Kiez zu Kiez dümpelt sich's so hin. Man bleibt unter sich. Türken bei Türken. Die Polen sammeln ihre Geschäfte. Die Afros haben ihre eigenen Lokalitäten. Und die deutschen Berliner kapseln sich in ihren Stammkneipen ab. Ausnahmen, natürlich, gibt es. Klar. Die Überraschung erfolgt bei einem abendlichen Rundgang im Schöneberger Kiez. Irgendwann hört der Müßiggänger gute Musik. Sie lockt ihn an einen Tabak/ Zeitungs-Kiosk. Leute unterschiedlichster Nationalitäten sind da. Parlieren. Ein vibrierendes Sprachgemisch. In der Mitte des Ladens eine bemerkenswerte Discothek. Nach Ländern und Kulturen geordnet, kann der Besucher erwerben: „Folklore“ aus Brasilien, Argentinien, Israel, Afrika, Frankreich etc. Alles gut sortiert. Erlesen. Und dann der Clou: Eine Vernissage des afrikanischen Malers und Musikers Oumar Koita aus Mali. Mitten im Tabakladen und einem Nebenraum. Die Musik des Malers erklingt. Ein bunt gemischtes Publikum genießt das Ensemble. Multikulti wird sichtbar und hörbar an bescheidenem Ort. Ist keine Behauptung.
Die Exponate Oumar Koitas sind in faszinierenden Erdfarben gehalten. Bogolanmalerei, Kompositionen eigenster Art. Nur auf Baumwollstoff und unter intensiver Sonneneinwirkung entwickeln die Brauntöne ihre ungemeine Wirkung. Sein tiefes Schwarz gewinnt der Maler aus einem dunkelgrauen Ton, den er in Ameisenhügeln sammelt und fünf bis sechs Tage kompostiert. Dann hat der Ton die cremige Konsistenz erreicht, mit der Koita seine geometrischen Formen, die Linien und Spiralen, Ideogramme und Masken auf den Stoff bannen kann. Eine stille Sensation. Wolfgang Veit
bis 30.8., Mo.–Fr. 7–17, Sa. 7–14 Uhr, Crellestraße 3, Schöneberg
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