■ Vorschlag: Videos von Dara Birnbaum im Künstlerhaus Bethanien
„Pop Pop Video“ steht am Schluß eines der Videos von Dara Birnbaum. „Disco Video“ wäre vielleicht der passendere Ausdruck für ihre Arbeiten aus den späten siebziger und frühen achtziger Jahren. Ist es die Musik, mit denen die musikclipartigen Videos unterlegt sind? Sind es die grellen Neonfarben der Kostüme? Oder die Montage, die kurze Bewegungssequenzen zu Choreographien zusammenschließt, die an „Saturday Night Fever“ erinnern? In ihren frühen Filmen (de-)konstruiert sie aus „Found Footage“ eine Art „Ballett nach Motiven des amerikanischen Kommerzfernsehens“. Als wäre sie die Tochter von Leni Riefenstahl und Bruce Connor, verdichtet Birnbaum Fetzen aus Soap Operas, Sportübertragungen und Gameshows zu einem absurden Tanz: „Wonder Woman“ schlüpft immer wieder in ihr Kostüm, eine Explosion will gar nicht mehr aufhören zu explodieren, wieder und wieder fällt einer Krankenschwester aus einer Soap Opera theatralisch das Gesicht herunter.
Dara Birnbaum gehört zur zweiten Generation amerikanischer Videokünstler. Während Videopioniere wie Nam June Paik das Fernsehen kritisierten, indem sie es technisch sabotierten, schlägt sie das Medium mit seinen eigenen Waffen: Indem sie uns „postmodern“ ein Überdosis des TV-Unsinns verabreicht, stellt sie seine phrasenhaften Bilder bloß. So entblößen sich die Stereotypen der TV-Grammatik ganz von selbst. Daß allerdings auch diese Strategie der kritischen Affirmation vom Fernsehen vereinnahmt werden kann, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, daß sie auch für MTV einen Fernsehspot produzierte. In den letzten Jahren hat sich Birnbaum darum stärker metaphorischen Bildern und persönlichen Themen zugewandt. „Canon“, der letzte Film im Programm, ist eine Hinwendung zum politischen Aktivismus: er dokumentiert verfremdet eine Frauendemonstration von 1987 auf dem Campus der Princeton University. Tilman Baumgärtel
Eröffnung heute abend 19 Uhr (Mi-So 14-19 Uhr) im Videocafé des Künstlerhauses Bethanien, Mariannenplatz 2
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