■ Vorschlag: Junge Kunst aus Schottland und Berlin im Martin Gropius Bau
Zwei Kunstszenen im Aufbruch: In der von Ursula Prinz erdachten Ausstellungsreihe „Korrespondenzen“ steht Glasgow Berlin zur Seite. Die Auswahl erfolgte in Absprache mit Keith Hartley von der Scottish National Gallery of Modern Art in Edinburgh. Ein gewisses Großstadtfeeling und das Leben mit elektronischen Medien bilden eine wichtige Gemeinsamkeit der zwölf beteiligten KünstlerInnen – Fotografie, Video und Diaprojektion drängen Malerei und Skulptur an den Rand. Typisch auch der Wechsel zwischen den Medien, wie es etwa Kerry Stewart vor Augen führt. Zum einen benutzt sie puppenartige Skulpturen aus Glasfaser und Emailfarbe, die in ihrer ebenso stereotypen wie skurrilen Erscheinung Ängste bündeln sollen, während in einem anderen Raum zwei ihrer Videos mit düster- orgiastischen Waldszenen laufen, die an Gruselmärchen erinnern.
Andere Arten audiovisueller Inszenierung bieten Nathan Coley und Jacqueline Donachie. Coley verwandelt seinen Raum in einen Vortragssaal. Eine Stimme vom Band erläutert eine Diaserie. Unkommentiert vermischt sich ein Text zu Le Corbusiers Villa Savoye mit den Bildern eines britischen Mittelstandshäuschens. Auch Donachie spielt mit Illusionen und Träumen, indem sie, durch eine Wendeltreppe zu erreichen, auf der Galerie einen „Raum der Hoffnung“ aus Lampen, Möbeln und seichter Musik einrichtet. Die Berliner TeilnehmerInnen konzentrieren sich stärker auf Medienprobleme. Gunda Förster verwandelt den Raum zur Großleinwand: Mit vier Diaprojektoren, die Bilder aus einem fahrenden Auto zeigen, erzeugt sie einen Strudel aus Bewegung. Veronika Kellndorfer versucht dem Geheimnis von Wellen- und Glasstrukturen per Projektion oder Siebdruck auf Glas auf die Spur zu kommen. Johannes Kahrs läßt im gemalten Bild nach Film-Stills die gespielten Gefühle in ihrer verhuschten Künstlichkeit sichtbar werden.
Können Atmosphäre, Aura, Geist eines Ortes im Foto sichtbar werden? Auf Nina Fischers und Maroan el Sanis Diptychen sieht man Aufnahmen eines lange verlassenen Raumes und einer abstrakt-verschwommenen Hochfrequenzfotografie, die „Raumentladungen“ zeigt. Dort wandern die Geister. Michael Nungesser
Bis 4.11., Di-So 10-20 Uhr, Berlinische Galerie, Stresemannstr. 110
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