■ Vorschlag: Kollektive Fischermalerei aus China am Robert-Koch-Platz
Gewöhnlich bemalen die Fischer auf der südchinesischen Insel Shensi Dao nur ihre Boote. Ansonsten ist ihr Leben ziemlich unbunt, „hier wachsen keine Blumen, sondern Kohl, für Obstbäume und süße Früchte ist es zu kalt, man geht nicht in einem lauschigen Park spazieren, sondern man klettert über die Felsen auf der Suche nach eßbaren Muscheln und Krebsen, man stickt keine Seidenblumen, sondern flickt Fischernetze“.
Das Bild, das Maria Steinmetz als ehemalige DAAD-Lektorin an der Zhejiang-Universität von Hangzhou entwirft, erinnert sehr an die unermüdliche Aufbauarbeit während der Kulturrevolution unter Mao. Zwar war schon 1988 ein Akademielehrer aus Shanghai auf die Insel gekommen, um den Fischern das Malen beizubringen. Aber danach verschwanden die Bilder wie anderes unnützes Zeug auf dem Speicher. 1995 hat Steinmetz mit den Inselbewohnern einen zweiten Workshop veranstaltet, nun hängen an die 30 Gemälde von über einem Dutzend LaienmalerInnen in der Kaiserin-Friedrich- Stiftung am Robert-Koch-Platz.
Den Beiträgen merkt man die Begeisterung für „Volkskunst“ (min hua) an. Ein Bild wurde gleich kollektiv gefertigt, und auch
die anderen Arbeiten bilden einen dichten sozialen Rahmen: Den Fischern geht es im Leben jenseits des Fischens fast immer ums Fischen. Wenn die Bilder nicht verschlungene Boote und Seeungeheuer zeigen, sind sie zumindest mit feinen Ornamenten aus der Meeresfauna übersät. Bei Sun Feng Fang gibt es das „Glück des Fischers“ mit grün über die Leinwand driftenden Gespenstern – und es gibt das „Glück der Hölle“, wie es Dai Yan Ri sieht. Dort backen Teufel herumflatternde Männlein auf. Harald Fricke
Bis Ende April, Mo.–Sa. 8–18 Uhr, Robert-Koch-Platz 7
Mao Zhi Ming: Es ist so schwer, sich zu verstehen; Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm, 1995 Foto: Katalog
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