■ Vorschlag: Knutschen im Grips Theater für Menschen ab fünf Jahren
Schon das Wort „Knutschen“ steckt mitten zwischen dem arglosen Schmusen und Knuddeln des Kleinkindalters und dem abgeklärten bis feurig-erhitzten Erwachsenenkuß. Im Grips Theater, wo Natascha Kalmbach Anja Tuckermanns Kinderstück „Komm, wir knutschen“ urinszeniert hat, ist viel von „Knutschen“, „Sexen“ und „Rubbeln“ die Rede. Doch sobald es eng wird für die Kinder, schiebt sich ein bunter Lolly zwischen ihre Zungen: Linda (Julia Blankenburg) und Janik (Arndt Schwering-Sohnrey) sind sechs Jahre alt und zum erstenmal verliebt. Ineinander, versteht sich, was Janiks Bruder Leon (Thomas Ahrens) mit eifersüchtelnder Klospruchdrastik quittiert. Was Linda macht, ist für ihn „ätzende Weiberscheiße“, und zu Sex fällt ihm ein: „Hose runter, Beine breit, Ficken ist 'ne Kleinigkeit.“ Nun ja, leicht hat er's nicht. Seine Eltern streiten sich nur, und keinem fällt auf, daß auch er liebgehabt werden will. Weshalb er erst zum Dieb wird und dann etwas sehr Rührendes tut, worauf am Ende – wir sind im Grips – alle mit allen tanzen, sich „superdoll“ mögen und auch richtig küssen.
Tuckermanns zweites Stück nach „Asra – Die von Gegenüber“ fügt sich nahtlos in die Grips-Tradition: Es will Kindern Mut machen, ihre Probleme anzugehen und den eigenen Gefühlen zu vertrauen. In „Komm, wir knutschen“ sind die Eltern nicht Vorbild, sondern Teil des Problems. Allein Lindas Opa (Dietrich Lehmann als bärbeißiger Kauz), der am Ende mit der Oma von Leon und Janik anbändelt, hat zum Thema Liebe etwas beizusteuern: daß sie kommt und geht, wann sie will, und meistens großen Spaß macht.
Wer dies versteht, hat schon viel verstanden; und die Botschaft wird nicht etwa wie trocken Schwarzbrot dargeboten, sondern in turbulenten Szenenschnipseln, mit flockigen Songs des Duos Ludwig/ Heymann garniert. Der Wiedererkennungswert kindlicher Verhaltensweisen ist enorm, doch ein Rest von Unbehagen bleibt: Womöglich wären einige Probleme weniger mehr gewesen. Sabine Leucht
Im März gibt es nur noch Karten für die Vorstellungen heute um
10 Uhr und am 28.3., 15 Uhr. Grips Theater, Altonaer Straße 22
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