■ Vorschlag: Was anderes als nur Schönheit – Toni Pope im Pfefferberg
Von der Rockmusik kommt die amerikanische Sängerin und Bassistin Toni Pope. Von der kommerziellen Musik, wie sie sagt. Aber da wollte sie nicht bleiben. Ihre Stimme gibt mehr her, als nur den sauber gesungenen, gut zu vermarktenden Ton. Nach ein paar Jahren im Musikgeschäft war die Kalifornierin gelangweilt. „Für mich ist es eine Herausforderung, den vorgegebenen Weg zu verlassen, aber niemand wollte aussteigen, was Neues probieren. Kommt noch dazu, daß ich in Kalifornien gelebt habe. Da, wo es immer schön ist. Ich dachte: ,Es muß noch was anderes als nur Schönheit geben.'“
So lautet kurzgefaßt das Credo der jungen Sängerin, das sie dazu gebracht hat, eher mit universellen Stimmungen, die mit Klängen und Tönen hergestellt werden, zu experimentieren, als mit Rock und Pop. Jetzt wird sie als „Vokalakrobatin“, „Stimmkünstlerin“ beschrieben – was einen schwer hörbaren Mix aus Geschrienem, Gezischtem, Gehauchtem, Gebrülltem erwarten läßt, der jegliche Rhythmik und Harmonie ignoriert. Das aber ist nicht gemeint. Denn daß die gesungene Abstraktion immer wieder neu ist, das macht Toni Pope vor.
Bei ihrer Suche nach dem „unreinen Ton“ ist sie auf die alten musikalischen Traditionen in Asien, Afrika und Australien gestoßen. Jeden Resonanzraum ihres Körpers lotet sie aus. Jede Erweiterung des Gewohnten interessiert sie. „Undenkbar, einem nordamerikanischen Eingeborenen von unreinen Tönen zu erzählen, wo er gleichzeitig damit heilt, oder den tibetanischen Mönchen zu sagen, sie sängen unrein, wo sie durch Töne ja Licht in die Dunkelheit bringen.“
Mit den gebrochen meditativen Sounds, die meist eine schrille und eine versöhnliche Ebene haben, versucht sie eine Kommunikation zwischen sich und dem Publikum aufzubauen, versucht sich dabei als Medium einer grenzüberschreitenden Kommunikation anzubieten. Sie singt keine Worte, die sprachlichen Sinn ergeben, denn dieses wäre „Kopfmusik“. Intonierte Vokalharmonien durchbrechen einander, stockend-rhythmische Strukturen verbinden sich mit langangehaltenen Tönen. Es ist gesungenes Ambient, für das sie sich hergibt, um das Publikum zum Nachdenken zu bringen. Denn die Tochter einer Jazz-Blues-Sängerin möchte nicht nur die Strukturen in der Musik aufbrechen, sondern sie möchte das Festgefahrene in der Gesellschaft anstoßen. „Es gibt den universellen Ton, aber so lange es Gewalt und Ungerechtigkeit gibt, gibt es keine universelle Harmonie.“ Waltraud Schwab
Heute, 22 Uhr im Pfefferberg, Schönhauser Allee 176
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